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Das Neunerleiholz

Neunerleiholz sind Holzbündel, die neun verschiedene Hölzer enthalten. Sie dienen dem Schutz vor Krankheiten und symbolisieren die Wärme, die wir im Winter benötigen. Nicht nur im Aussen, auch im Innersten unserer Seele.




Eingehüllt in winterliche Kälte, bewegen wir uns auf das Ende des Jahres zu und dringen immer tiefer in die Dunkelheit des Dezembers. Im warmen Kerzenlicht, das die Adventszeit begleitet, hören wir tief in uns hinein und kommen zur Besinnung. Für mich ist diese Zeit des Innehaltens, eine der wichtigsten Phasen im Jahreskreis. Es geht ums Klären, Altes loslassen, Abschiednehmen und ums Abschliessen. Es ist eine Zeit, in der wir uns bereit machen, um über die Schwelle zu schreiten und die Geburt des neuen Lichtes zu feiern, das uns zur Wintersonnenwende, auch Yulfest oder Mutternacht genannt, aus der Dunkelheit erlöst.


Viele Brauchtümer dienen dazu, das Licht, die Wärme und unser inneres Kind zu nähren. Nach Samhain, dem irisch-keltische Fest am 1. November, ist in der alten Tradition nur noch das Holzsammeln erlaubt. Daher finde ich das Sammeln von Holz, insbesondere des Neunerleiholzes, ein sehr schöner Brauch. Genau wie die Holle, die Erdenmutter in der Verkörperung der alten Greisin, machen auch wir uns auf in die Wälder, um Holz zu sammeln. Die Holle benötigt das Holz um alle Seelen, die sie über den Winter hütet, mit lichtvoller Wärme zu nähren. Für unsere Ahn*innen war das Element Feuer ein lebendiges Wesen, das Nahrung und Luft zum Leben benötigt. Sie erkannten, dass je länger ein Feuer brannte, desto mehr wurde es belebt, lebendiger und kräftiger. Das Aufrechterhalten des Herdfeuers, als Sinnbild für das Licht in der Dunkelheit der winterlichen Jahreszeit war daher von grosser Bedeutung. Nichts sollte diese heilige, klärende Zeit stören oder der Wiedergeburt des neuen Weltenlichtes im Innen wie im Aussen im Weg stehen.


Neunerleiholzbündel

Das Neunerleiholz kommt in den Jahreskreisfesten in verschiedenen Variationen zum Einsatz. Stäbe aus verschiedenen Hölzern wurden in die Erde gesteckt, um Ritualplätze zu schützen. Die Neunerleibündel dienten zudem dem Schutz vor Krankheiten, als Räucherwerk, Wetter-, Liebes- und Fruchtbarkeitszauber, Talismann oder als Notfeuer, wenn das Feuer im Kamin ausging. Das Sammeln von Holz für das Neunerleibündel ist aber nicht einfach ein blosses Holzsammeln, es ist ein Wahrnehmungsritual. Es ist ein Anknüpfen an die Energie des alten, grünen Pfades unserer Ahn*innen, bei dem man mit Gesang, Räucherungen oder Gaben um Einlass in das Reich des Waldes bittet. Respektvoll, schweigend, in der eigenen Stille ruhend und dennoch präsent wird das tote Holz abseits der Wege gesammelt. Während des Winters verwendet man ausschliesslich am Boden liegendes Totholz. Es sollte nichts abgeschnitten werden. Zum Schluss wird das Holz, das aus neun verschiedenen Hölzern besteht, mit einem roten Band neunmal umwickelt, mit neun Knoten verschlossen und beliebig verziert. Ich bitte um den Segen dieser Bündel und beende das Ritual. Traditionell wird vor jedes Fenster ein Bündel angebracht. Aber auch über dem Kamin, den Türen, im Stall, oder auf dem Tisch.

Ein weiterer Name des Neunerleiholzbündels lautet Hexenschemel. Ein Hinweis auf die schützende Funktion des Bündels gegen Unholdenergien oder Energievampiere. Sogar gegen die reitenden Truden, die Nachtalpen oder den Mahrt, alles Geisterwesen, die nachts Ängste, Alpträume, Beklemmungsgefühle, Brust/Kehlendrücken und Atemnot auslösen, sollen die Bündel schützen. Und nicht nur das! Die Bündel schützen auch gegen menschlichen Neid, Missgunst und Beschreiung.



«Ein weiterer Name des Neunerleiholzbündels lautet Hexenschemel.»


Esche

Eibe

Tanne

Hasel

Eiche

Ahorn

Buche

Erle


Die Bedeutung der Zahl Neun

Spirituell steht die Neun, drei mal drei, für das Geistige, die Weisheit, die höchste Vollendung, die Vollkommenheit, das göttliche Bewusstsein und das Universum, denn die Vollendung, der Kreis mit einem Radius von 360 Grad, ergibt in seiner Quersumme die Zahl Neun. Neun ist die erste, ungerade, zusammengesetzte Zahl, die keine Primzahl ist. Zudem ist sie die letzte Zahl, die im Dezimalsystem nur eine Ziffer besitzt. Man kann sie mit jeder beliebigen Zahl multiplizieren und die Quersumme wird immer neun ergeben. Die neun ist teilbar durch eins, drei und neun; neun ist 3³. So verstarb auch Jesus in der neunten Stunde. Der Stunde des Löwen, der Besinnung und der höchsten Vollendung.


Die Neun ist eine wichtige Zahl der Transformation. Welche neun Hölzer effektiv im Bündel vorkommen, spielt keine Rolle. Die Holzwahl variiert je nach regionaler Kultur, derer Riten, der Herbalmagie und der Beschaffenheit der jeweiligen Flora. Ich persönlich lasse mich am liebsten von meiner Intuition leiten und finde es äusserst spannend zu beobachten, was einem da so ruft. Jedes Holz hat seinen Charakter und kann mit seinem Wesen unser Leben unterstützen:


Esche: Besitzt ein tiefes Wissen über die Seelengewässer und deren Seelengründe. Sie fliesst tief in die Seelenebenen ein und vermag die an den falschen Stellen gebundenen Knoten zu lösen, um ein zyklisches, harmonisches Band des Lebens zu erstellen. Die Esche verbindet uns mit der Menschenseele und lehrt uns bei der wahrhaftigen Menschwerdung. Das heisst, sie zeigt uns, was es bedeutet, Mensch zu sein. Dadurch verhilft sie uns zu besonnenen Einsichten und Taten.


Eibe: Das Holz fördert den Ahnenkontakt und die Transformation. Der Tod wird zum Lehrmeister des Lebens. Die Eibe unterstützt somit das Sterben und Loslassen alter Dinge und lässt so die Essenz des Lebens klar hervortreten. Begleitet die Visionen und stärkt das innere Wissen um die Lehre aller Dinge. Vor der Kraft der Eibe, hat kein Zauber/Trugbild bestand.


Fichte/Tanne: Das Holz hilft, uns zu erden, um wieder zur inneren Ruhe und Ausgeglichenheit zu kommen. Das Wachstum, die Lebenskraft, die Entschlossenheit und die Ehrlichkeit werden gefestigt, um stürmische Zeiten besser zu bewältigen. Die Tanne hilft beim Erkennen des eigenen Lichtes und der individuellen Einzigartigkeit. Das Durchlichten, das Empfangen und das Umsetzen des Lebensplanes. So weist uns ihr Wesen den richtigen Weg und gibt Klarheit bei verirrenden, verwirrenden Verstrickungen und Abhängigkeiten.


Hasel: Die Hasel lässt uns auch in der winterlichen Zeit nicht erstarren und fordert auf, uns dem Fluss des Lebens hinzugeben. Die Quelle der Inspiration, der Intuition nicht gefrieren zu lassen, die Tore der Ebenen am Leben zu erhalten und ein besseres Verständnis zur eigenen Traumwelt zu entwickeln. Flexibilität, Beweglichkeit, Leichtigkeit und die Fröhlichkeit sind der Hasel eigen.


Birke: Durch den äusseren und inneren Tanz vertreibt sie die negativen Gedanken und die Winterdepression. Sie verweist uns auf die positiven Aspekte des Lebens. Ihr inneres Kind löst Blockaden in körperlicher und seelischer Hinsicht. Auf das wir beschwingt und mit Energie unsere neuen Taten angehen können.


Eiche: Die Eiche ist ein Sinnbild für Stärke, Mut, Härte und Kraft. Die Wiederstandfähigkeit, das Durchhaltevermögen, die Charakterstärke und der Gerechtigkeitssinn der Eiche wirken aufbauend und anregend auf Geist und Seele. Dadurch steigert sich auch die eigene Konfliktfähigkeit, die Bodenständigkeit sowie die besonnene Friedfertigkeit, um fruchtende Gedankengänge zu vollziehen.


Ahorn: Der lichterne, luftige Charakter ist individuell, fröhlich und voller Leichtigkeit. Das Wesen des Ahorns bestärkt unseren Idealismus, die Freiheitsliebe, die Eigenständigkeit, die Selbstfindung und die Gelassenheit. Der Ahorn erhöht unsere Toleranz gegenüber der Vielseitigkeit. Aber auch unseren kommunikativen, nicht selbstbezogenen Ausdruck für den Ausgleich und die Harmonie.


Buche: Sie desillusioniert, bewegt uns ins Hier und Jetzt und verschafft Abstand vom verkrampften Denken. Sie macht uns geduldiger und ausdauernder beim Annehmen von dem, was ist. Sie erhöht die Toleranz und hilft uns zu akzeptieren, dass wir Andere nicht ändern können und lernen müssen uns selbst so anzunehmen, wie wir sind.


Erle: Das Wesen der Erle steht in sinnlicher Verbindung zu den Emotionen. Das Erlenwesen lehrt uns Standhaftigkeit, Schutz, Verteidigung, innere Stärke und Selbstvertrauen. Sie ist ein schützender Schild, der uns stark und doch gefühlvoll und intuitiv sein lässt. Um den Widrigkeiten des Lebens offen und eigenverantwortlich begegnen zu können. Ein Schild, der dennoch die eigenen Ansichten verteidigt und keine Grenzüberschreitungen zulässt.


 


Steven Wolf hat schon als Kind von seiner -Grossmutter altes Pflanzenwissen gelernt und weiss um die Kraft der Natur mit all ihren sichtbaren und unsichtbaren Wesen. Er lebt in Escholzmatt, wo er zusammen mit seiner -Partnerin ganzheitliche Pflanzenkurse für -inte-ressierte Menschen durchführt. Im Lochweidli steht dafür eine eigens gebaute Schuljurte.


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