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Wohnen ist existenziell. Unser Zuhause ist ein intimer Ort, unsere Schutzhülle. Dies gilt umso mehr für demente Menschen, die ein hohes Mass an Geborgenheit und Orientierungshilfen brauchen. «Healing Architecture» widmet sich diesen Bedürfnissen.

In der Schweiz leben laut Bundesamt für Gesundheit (BAG) schätzungsweise 146 500 demenzkranke Menschen. Jährlich – Stand 2021 – kommen rund 31 375 Neuerkrankungen hinzu. Anschaulicher ausgedrückt: Alle 17 Minuten erkrankt ein*e Schweizer*in neu an Alzheimer oder einer anderen Demenz. 66 Prozent der an Demenz Erkrankten sind Frauen, rund 5 Prozent aller Dementen erkranken vor dem 65. Lebensjahr. Der grösste Demenz-Risikofaktor ist das Alter. Demenz ist der Oberbegriff für verschiedene degenerative oder vaskuläre, die Blutgefässe betreffende, Hirnerkrankungen, wobei Alzheimer die verbreiteste Form ist. Die am häufigsten verwendete Schätzung zur Prävalenz, der Häufigkeit einer Krankheit oder eines Symptoms in einer Bevölkerung zu einem bestimmten Zeitpunkt, von Demenz stammen von der schweizerischen Alzheimervereinigung (ALZ) und basiert auf Prävalenzraten aus europäischen Meta-Studien, quantitativ-statistischen Zusammenfassungen anderer Studien. Gemäss diesen Schätzungen waren im Jahr 2020 in der Schweiz insgesamt 144 337 Personen von einer Demenzerkrankung betroffen, was den oben genannten Zahlen des BAG ziemlich genau entspricht. Aufgrund der demographischen Entwicklung hat die absolute Anzahl Personen mit Demenz in den letzten Jahren stetig zugenommen. Die meisten Menschen mit Demenz sind über 50 Jahre alt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Demenz: Schleichende Veränderung

Allgemein wird unter Demenz ein fortschreitender Zustand beschrieben, bei dem die Leistungsfähigkeit des Gedächtnisses der Betroffenen stetig abnimmt. Erste Anzeichen können Kraftlosigkeit, leichte Ermüdung, Reizbarkeit, Verlust des Gesuchsinns, depressive Verstimmungen, Schlaf- und Wortfindungsstörungen sein. Komplexe Zusammenhänge werden nicht mehr erkannt, das Urteilsvermögen lässt nach.

Betroffenen fällt es bei allen Demenzformen zunehmend schwer, Neues zu behalten oder sich zu orientieren. Deshalb ist es für sie besonders wichtig, im Alltag einen Lebensraum zu haben, der sie anspricht, ihnen Halt gibt. «Healing Architecture» lautet ein wegweisendes Konzept im Gesundheitswesen. Der Begriff «Heilende Architektur», stammt aus den 1980er-Jahren und ist eine spezielle Disziplin des «Healing Environment», der «Heilenden Umgebung». Er beschreibt die Wechselwirkung zwischen Menschen und ihrer Umgebung sowie deren Auswirkungen auf den Genesungsprozess bei Patient*innen.

Healing Architecture vertritt die Auffassung, dass die gebaute Umgebung den Menschen psychisch und physisch beeinflusst. Für Pflegeheime gilt dies – gemäss Fachpersonen aus dem Bereich der Heilenden Architektur – besonders, denn besonders demenziell erkrankte Menschen sind in einem hohen Masse auf eine beschützende und vertrauenserweckende Innenarchitektur und Gestaltung mit – im Idealfall – dennoch anregender Wirkung angewiesen.

Krankheit Raum geben

«Der Krankheit Raum geben», fordert Prof. Dr. Tanja C. Vollmer. Die Biologin und Psychologin lehrt an der TU Berlin Architekturpsychologie. Vollmers Spezialgebiet: Gesundheitsbauten. In einem Interview auf aertzeblatt.de erläutert die vielgefragte Expertin, «Menschen neigen dazu, sich immer wieder auf denselben Platz zu setzen». Vollmer erklärt dieses Verhalten folgendermassen: «Wir haben den Wunsch, uns den Raum anzueignen und Schutz darin zu suchen.» Das ist das Konzept der Territorialität und «bei Kranken ist diese Schutzbedürftigkeit noch ausgeprägter, denn krank sein verändert die Raumwahrnehmung. Architektur wird zum zweiten Körper, wenn der eigene Körper nicht mehr den Schutz bietet, den wir als Menschen für unser verletzliches Inneres so sehr brauchen. Ein kranker Körper ist durchlässig bis zur Seele.»

In Gustav Rennertz' architektonischen Entwürfen steht der Mensch im Mittelpunkt, «Gebäude nehmen Einfluss auf die Menschen, die sie bewohnen», so der Geschäftsführer von «4+5», «die Architektur der Zukunft wird eine neue Achtsamkeit für die Belange von Menschen und Natur entwickeln müssen». Wie kam es dazu? Ein Auftrag vom Paritätischen Sozialdienst für ein Wohnprojekt stellte eine Reihe von besonderen Anforderungen: Die Demenzkranken sollen sich angenommen und geborgen fühlen. Sie sollen sich orientieren können, möglichst auch allein, und, sie sollen auch in dieser Phase ihres Lebens Freude haben. Der von Rennertz und seinem Architekt*innen-Team entworfene organisch geformte Foyer-Bereich empfängt die Anwohnenden und Besuchenden in warmen Farben und umschliesst sie sanft.


Maximal drei Farben

«Demenzkranke können sich Bilder einprägen, jedoch maximal zwischen drei Varianten unterscheiden», erfuhr Rennertz im Rahmen dieser Auftragsarbeit. Aus seiner intensiven Beschäftigung mit dem Krankheitsbild Demenz resultiert Rennertz' «Dreier-Rhythmus». Innenräume für Demenz-Patient*innen gestaltet sein Team mit maximal drei Farben in verschiedenen Kombinationen. Ferner sei es wichtig einen eindeutigen Raumeindruck als Orientierungshilfe zu geben, denn «ganz gleich, wo die Person im Raum steht, das Bild muss stets unverwechselbar sein», erläutert Rennertz. Die Anordnung der Türen spielt eine weitere Schlüsselrolle als Orientierungshilfe, «in den Wohngeschossen entwickelten wir eine Flurform mit herausgedrehten Zugängen zu den Bewohnerzimmern», erläutert Rennertz, «wir wählten drei Grundfarbtöne, die ein einem bestimmten Rhythmus in variierender Intensität angeordnet sind». Eine weitere seiner Beobachtungen: «Querlinien auf dem Boden vermeiden wir, denn sie werden von den Patient*innen als Bremse wahrgenommen.»

Healing Architecture schafft also eine klare, harmonische und beruhigende Innenarchitektur und dennoch inspirierender Atmosphäre. Idealerweise verfügen Pflegeheime über ein klares Wegeleitsystem. Weite Flure, wie etwa durch eine geschwungene Wand, bieten bewegungsaktiven Menschen sichere Spaziergänge, Rundgänge erleichtern die Orientierung und berücksichtigen die Bedürfnisse bewegungsaktiver Patienten. Ovale Handläufe mit einer breiten, flachen Oberfläche zum Armabstützen sind Ankerpunkte, erleichtern die Gehbewegung. Fachpersonen empfehlen die Handläufe, die zum Ziel laufen mit taktilen Orientierungshilfen zu kombinieren.

Bilder und Fotomotive mit Text geben zusätzliche Orientierung und können wie ein Fenster in die Landschaft anmuten. Beim Auffinden des eigenen Zimmers in einer Pflegeeinrichtung können Fotos mit biografischem Bezug unterstützen.

Natur ins Haus holen

Demente Menschen verlieren die zeitliche Orientierung. Holen Sie – der Jahreszeit angepasst – die Natur ins Haus. Verwenden Sie zudem Textilien mit sinnlicher Haptik und grossen Mustern, wie etwa bei Fenstervorhängen. Schlechtes Sehen im Alter beeinträchtigt die Tiefenwahrnehmung von Räumen. Ein gutes Farbkonzept kann die Sichtbarkeit steigern. Dazu eignen sich pastellige und kräftige Farben aus dem warmen Ende des Farbspektrums, transluzente Wandanstriche, wie etwa Aquarelllasurtechnik mit Naturpigmenten. Ideal für Böden sind erdige Töne, sie geben zusätzlich Sicherheit. Ein deutlicher Kontrast zwischen Wand- und Bodenfläche steigert die Orientierungshilfe.


Ideale Sitzmöbel für demente Menschen zeichnen sich durch eine beschützende Ergonomie aus: Sofas mit hoher Rückenlehne oder ein Ohrensessel. Kissen, die sich farblich gut vom Sitzmöbel abheben, erhöhen das Wohlgefühl, denn demente Menschen drücken sie mitunter wie eine Puppe an sich. «Wesentlich für pflegebedürftige und demenziell erkrankte Menschen ist der Blick nach draussen!», betont die Innenarchitektin Susanne Wagner in der Informationsbroschüre «Innenarchitektur im Gesundheitswesen» der curaviva.ch. Der Blick nach draussen ermöglicht den wichtigen Kontakt zum Umfeld, zur Umgebung und zur Natur. Bewusst gewählte Blickachsen im Innenraum tragen zu einer besseren Orientierung und mehr Sicherheit bei – sie helfen den Bewohnenden Räume, Zonen und Gebäude formal zu erfassen, sowohl durch das Sehen als auch durch das Bewegen im Raum.


Pastelltöne und schwarze WC-Brillen

Die Schweizer Verbände INSOS und CURAVIVA haben folgende weitere Gestaltungsvorschläge für Ratsuchende: Eine aneinandergereihte Zimmerordnung fördert Kontinuität und Erkennbarkeit. Ist ein Rundgang in der Pflegeeinrichtung nicht realisierbar, sollte bei einem Richtungswechsel gezielt ein Referenzpunkt, wie etwa architektonische Elemente und Alltagsgegenstände, gesetzt werden. Die Zimmertüren sollten sich farblich von der Wand gut abheben, eigene biografisch assoziierte Gegenstände können zusätzliche Ankerpunkte sein. Auch für die sanitären Einrichtungen haben sich klare Farbkonzepte in warmen und satten Pastelltönen und Farbkontraste bewährt sowie schwarze WC-Brillen.

Ein gutes Beleuchtungskonzept steigert das Wohlbefinden. Indirektes Licht sorgt für eine gute Raumausleuchtung, dimmbares Licht ermöglicht die Lichtverhältnisse dem Tagesablauf anzupassen und ermöglicht dementen Menschen eine zusätzliche zeitliche Orientierung. Leuchtkörper in Form einer Sonne, eines Mondes oder heimischer Tiere, wie etwa heimische Vögel, können darüber hinaus anregend wirken. Einige Anregungen der Heilenden Architektur lassen sich gut auch im häuslichen Umfeld umsetzen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Healing Architecture ist zukunftsweisend. Sie berücksichtigt die speziellen Bedürfnisse besonders schutzbedürftiger Menschen und gibt zudem der Würde der Betroffenen Raum.


Möglichst lange ein gutes Gedächtnis zu haben, das ist wohl für die meisten Menschen ein erstrebenswertes Ziel. Auch wenn das Gehirn kein Muskel ist, lässt es sich gemäss neuropsychologischen Erkenntnissen sehr wohl trainieren. Doch aufgepasst: Im gesunden Mass ist auch das Vergessen gesund.

Erinnern Sie sich noch, wann Sie am 11. August 2018 einen Anruf erhalten haben und was Sie am 19. März 2009 zu Mittag gegessen haben? Vermutlich können Sie diese Erinnerungen nicht mehr abrufen, was von einem gesunden Gedächtnis zeugt. Nur weil wir Dinge vergessen, können wir Gedächtnisinhalte strukturieren und das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen, damit wir den Alltag gut bewältigen können. So speichern wir vor allem jene Erinnerungen, welche für uns in der Gegenwart und Zukunft bedeutsam sein können. Das Erinnerungsvermögen passt sich immer an die Anforderungen der Umwelt an, in der wir uns bewegen. Würden wir alles behalten, würden wir von der Informationsflut überwältigt werden. Wie lange wir uns an erlebte Ereignisse erinnern können, ist unterschiedlich. Persönlich bedeutsame Ereignisse, die wir intensiv erlebt haben und über die wir uns oft mit anderen Menschen austauschen, bleiben meist länger in Erinnerung. Dabei verändert sich die Erinnerung über die Zeit. Immer, wenn wir Gedächtnisinhalte abrufen, füllen wir Lücken in unserer Erinnerung wieder auf, indem wir Zusammenhänge generieren und das Erlebte neu interpretieren. So wird z. B. eine Urlaubserinnerung mit der Zeit oft immer schöner, je länger sie zurückliegt und je häufiger wir sie erzählt haben.

Menschen mit einem gesunden Gedächtnis sind in der Lage zu lernen, indem sie Informationen aufnehmen, behalten, ordnen und abrufen können. Dennoch klagen viele gesunde Menschen über Probleme wie das Verlegen von Gegenständen, das Vergessen von wichtigen Unterlagen oder das Verpassen von Terminen usw. In einem gewissen Mass ist Vergesslichkeit normal. So müssen Kinder oft viele Dinge auf einmal neu lernen, im Berufsleben sind häufig viele Aufgaben praktisch gleichzeitig zu erledigen und nicht zuletzt geht der gesunde Alterungsprozess mit Veränderungen der Lern- und Gedächtnisleistung einher. So wird beispielsweise im Alter die Weitergabe von Signalen zwischen den Nervenzellen verlangsamt und die Hirnmasse wird kleiner. Dennoch – auch wenn die Gedächtnisleistung mit der Zeit nachlässt, ist das Gedächtnis ein Leben lang formbar.


Trainieren Sie Ihr Hirn regelmässig

Unser Gehirn ist plastisch, das bedeutet, dass die Verbindungen zwischen den Nervenzellen je nach Nutzung der damit verbundenen Funktionen gestärkt oder geschwächt werden. Diese sogenannte Neuroplastizität ist die Grundvoraussetzung für jede Form des Lernens und bleibt ein ganzes Leben lang erhalten. Durch ein regelmässiges Training der Gedächtnisfunktionen können somit Veränderungen im Gehirn erreicht werden, welche helfen können, Gedächtnisleistungen länger zu erhalten oder gar zu verbessern.


Wie aber sollte nun so ein Gedächtnistraining aussehen? Grundsätzlich ist es wichtig, das Gedächtnis herauszufordern. Wenn man schon seit Jahren Sudokus oder Kreuzworträtsel löst und diese Übungen zur Routine geworden sind, bei denen man nicht mehr viel nachdenken muss, bringt dies nicht mehr so viel. Ideal ist es, immer wieder Neues zu lernen und zu entdecken. So kann man z. B. eine neue Sprache oder ein neues Musikinstrument lernen, neue herausfordernde Spiele entdecken usw. Das selbst gesteckte Ziel dabei sollte realistisch sein, besser ist es, sich kleine regelmässige Übungsphasen vorzunehmen und auch kleine Erfolgserlebnisse zu würdigen.

Zudem gibt es nebst der «Üben-üben-üben»-Strategie, welche viel Durchhaltewillen benötigt, auch das Training von Merk- und Gedächtnisstrategien. Hierzu gibt es eine Fülle von Strategien, die ein wenig Übung benötigen, mithilfe derer man jedoch z. B. Namen, Einkaufslisten usw. leichter merken kann. Dabei machen wir uns zunutze, dass das Gehirn am liebsten in Mustern lernt. Verbinden wir die Dinge, die wir uns merken müssen, zu einer Art Muster, z. B. indem wir Verbindungen schaffen durch das Bilden von Kategorien, das Einbetten in Geschichten oder in eine Vorstellung usw., können wir unsere Gedächtnisleistung gezielt verbessern. Die Anwendung von Merk- und Gedächtnisstrategien eignet sich somit auch als Kompensationsmöglichkeit oder als kognitive Reserve, wenn die Merkfähigkeit nachlässt. Die kognitive Reserve besteht aus verschiedenen weiteren Faktoren wie dem Umfang der Schul-, Berufs- und Fortbildung, der Regelmässigkeit von kognitiven Aktivitäten (z. B. durch Lesen, Musizieren, künstlerische und kreative Beschäftigungen) sowie der Vielfalt von Interessen und der Mehrsprachigkeit. Diese Faktoren unterstützen Gedächtnis, Sprache und Aufmerksamkeit nachweislich und wirken präventiv. Noch verstärkt wird der Effekt, wenn beim Lernen verschiedene Sinne angesprochen werden und das Training Spass macht!

Nebst dem kognitiven Training, das hier angesprochen wurde, gibt es auch weitere gesundheitsfördernde und präventive Massnahmen, die die Gesunderhaltung des Gedächtnisses unterstützen. So zeigen verschiedenste Studienresultate, dass eine gesunde und nährstoffreiche Ernährung, regelmässige Bewegung, ausreichend Schlaf, Verzicht aufs Rauchen, Stressbewältigung und soziale Aktivitäten das Gedächtnis nachweislich schützen. Dabei lassen sich schon im frühen und mittleren Lebensalter entscheidende Weichen für die geistige Leistungsfähigkeit im Alter stellen.


Sport trainiert auch das Gehirn

Ein regelmässiges körperliches Ausdauertraining (wie z. B. Radfahren, Laufen, Schwimmen) fördert nebst der körperlichen Fitness auch die Gedächtnisfunktionen. Dabei ist es wichtig, regelmässig in mittlerer und hoher Intensität zu trainieren. Mittlere Intensität bedeutet, dass man sich z. B. beim Joggen noch unterhalten kann. Aus verschiedenen Forschungsarbeiten wurden Empfehlungen abgeleitet wie das Trainieren von 150 Minuten pro Woche in mittlerer oder 75 Minuten in hoher Intensität, wobei eine Sporteinheit mindestens 10 Minuten, im Idealfall mindestens 30 Minuten betragen sollte. Ebenfalls ist ein zweimal wöchentliches Muskelkräftigungstraining sinnvoll. Berufstätige, die bei ihrer Tätigkeit viel sitzen, sollten zwischendurch Bewegungseinheiten durchführen. Auch wer erst im Alter mit regelmässiger körperlicher Ausdauerbelastung beginnt, kann noch zur Gesunderhaltung seines Gedächtnisses beitragen. Um die positiven Effekte zu intensivieren, helfen Koordinationsübungen (z. B. Bewegungsspiele, Tanzen, Jonglieren usw.) oder das Lösen von Aufgaben während des Trainings, wie z. B. Ratespiele, Merkaufgaben, Gleichgewichtsübungen usw. Zu empfehlen ist auch, neue Sportarten zu lernen oder bestimmte Bewegungsfolgen ab und zu auf neue Art auszuführen (z. B. mit der ungewohnten Hand und auf einem Bein stehend die Zähne putzen usw.)


Auch eine ausgewogene und vielseitige Ernährung ist wichtig. Unser Gehirn besteht vor allem aus Wasser, Eiweiss und Fett. Daher benötigt es Baustoffe wie ungesättigte Fettsäuren und Eiweiss, zudem Mineralien und Vitamine, um die Hirnfunktionen aufrecht zu erhalten. Zucker kann der Körper zur Not selbst herstellen, sofern die Eiweissversorgung stimmt. Zusätzliches «Brainfood» nebst einer ausgewogenen Ernährung bringt keine Verbesserung der Denkleistung. Bei abwechslungsreicher Ernährung erhält das Gehirn sowieso die besten Nährstoffe nach Bedarf, bevor die anderen Organe versorgt werden. Somit ist es bei einer ausgewogenen Ernährung praktisch unmöglich, sich nicht gehirngerecht zu ernähren.


Gesundes Sozialleben gehört zur ­geistigen Fitness

Ein gesundes Leben benötigt ausserdem ein gesundes Sozialleben. Bei der Interaktion mit anderen Menschen werden wichtige Bereiche des Gehirns stimuliert. Bei Menschen mit kleinen sozialen Netzwerken, wenigen persönlichen Kontakten und geringem sozialem Engagement entwickelt sich der kognitive Abbau im Alter schneller. Ein aktives Leben und der Austausch in Familie und Freundeskreis, in Vereinen und Gemeinschaften usw. trainieren nicht nur das Gedächtnis, sondern senken häufig auch das Stressniveau, damit das Gehirn effektiver arbeiten kann.


Während die Pflege sozialer Kontakte der wichtigste Schutzfaktor darstellt, um unser Gedächtnis gesund zu erhalten, gibt es zusätzliche Faktoren eines gesunden Lebensstils, die sich positiv auf unsere Merkfähigkeit auswirken können. So kann regelmässige Meditation helfen, Stress zu reduzieren und den Blutdruck zu senken. Genügend Schlaf und Pausen zwischen Lernphasen werden benötigt, um Gedächtnisinhalte abzuspeichern und zu integrieren. Chronischer Stress ist zu vermeiden. Daher ist es sinnvoll, sich Strategien anzueignen, um mit Stress umgehen zu können. Mit positiver Stimmung lernt es sich besser, wir sind motivierter, kreativer und ausdauernder. Eine wichtige Komponente für die Gesunderhaltung des Gedächtnisses ist schliesslich die eigene Selbstwirksamkeit. Wenn ich mir zutraue, herausfordernde Situationen zu meistern und Ziele setze, die ich erreichen kann, hat dies einen grossen Einfluss auf meine Lebensgestaltung.

Somit lässt sich folgendes Rezept ableiten: Wir halten unser Gedächtnis gesund, wenn wir es auf vielfältige und neue Art herausfordern und stimulieren, mit allen Sinnen, in sozialer Interaktion und mit regelmässigen Wiederholungen Neues lernen, einen gesunden Lebensstil pflegen, uns dabei selbstwirksam zu erleben und Freude daran haben!



Dr. Katja Margelisch

Dr. Katja Margelisch ist Neuropsychologin und Dozentin PH Bern, sowie fachlicher Beirat und Referentin beim Schweizerischen Verband für Gedächtnistraining (SVGT). Mehr über das ganzheitliche Gedächtnistraining oder über die Ausbildung zum Gedächtnistraining gibt es auf der Website www.svgt.swiss



Ich leide unter starken Rückenschmerzen und muss zeitweise ein Schmerzmittel einnehmen. Nun habe ich gelesen, dass man bei diesem Schmerzmittel wegen den Nebenwirkungen kein Grüntee trinken sollte. Ich trinke täglich zwei Liter Grüntee und bin nun etwas beunruhigt. K. S., Bern





Nicht alkoholische Getränke beeinflussen die Wirkung oder Nebenwirkung von ihrem Schmerzmittel nicht. An den Tagen, an denen Sie das Medikament einnehmen, sollten Sie keinen Alkohol trinken, das wäre sehr belastend für die Leber und die Nieren. Beim Grüntee sehe ich keinen Grund, weshalb er ein Problem sein könnte. Gibt es einen bestimmten Grund, weshalb Sie so viel davon trinken?


Grüntee ist sehr bitter und herb, was vom ayurvedischen Aspekt her eher Trockenheit und Leichtigkeit in den Körper bringt. Bei Schmerzen wäre es hingegen besser, mit süsslichen Gewürzen den Körper ein wenig zu erden. Fenchel, Kardamom, Nelken, Zitronenmelisse oder Kamille zum Beispiel. Wenn Sie möchten, könnten Sie als Selbsttest zwei Wochen lang frischen Zitronenmelissentee trinken. In derselben Menge wie bisher der Grüntee. So erforschen Sie, ob sich die Wirkung Ihres Schmerzmittels verändert. Ob es besser oder schneller wirkt und ob es einen Unterschied macht. Wenn nicht, weitermachen mit dem, was sich für Sie bewährt hat.




Haben Sie Fragen?


Sabine Hurni, Drogistin, Naturheilpraktikerin und Ayurveda-Expertin, beantwortet Ihre Fragen zu Gesundheits- und Ernährungsthemen persönlich und ganzheitlich: s.hurni@weberverlag.ch


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