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Kategorie: Gesundheit


Mythen und abstruse Geschichten ranken sich rund um den Fliegenpilz, den Pilz der Pilze. Nein, tödlich giftig ist er nicht; nur leicht toxisch. Im Laufe der Geschichte wurde – und wird – er für verschiedenste Therapien, als Lebens- und als Rauschmittel verwendet.












Es gibt kaum ein anderes Lebewesen, über das so viel fabuliert wurde und wird, wie den Fliegenpilz (Amanita muscaria). Ihn kennt jedes Kind. Er ziert Märchen und Weihnachtsgeschichten, dient als Motiv für Gemälde (Florian Haas’ «Maria mit dem Kinde» u. v. m.), CD- und Plattencover (z. B. Witthüser & Westrupp, «Der Jesuspilz»), gilt als Krötensitz und Heimstätte von Zwergen und Elfen und als Glückssymbol. So ist er auch auf Glückwunschkarten häufig zu finden. Den deutschen Ethnopharmakologen Christian Rätsch, Autor der «Enzyklo-pädie der psychoaktiven Pflanzen», überrascht das nicht: «Glück», schreibt er, «ist oft mit veränderten Bewusstseinszuständen assoziiert oder sogar damit identifiziert. Visionen und mystische Erfahrungen werden oft als Ursache oder Quelle des Glücks beschrieben.» Solches Glück kann der Fliegenpilz vermitteln.


Darauf kommen wir zurück. Doch wollen wir uns zuerst den abstrusen Geschichten und Theorien widmen, die sich rund um den Fliegenpilz ranken.

Kennen Sie den Begriff «Soma»? Soma wurde in der Rigveda (er zählt zu den wichtigsten vedischen Schriften) als «Fürst der Heilkräuter» und «Unsterblichkeitstrank» bezeichnet; es ist das irdische Gegenstück zu Amrita, dem Trank der Unsterblichkeit, der den Göttern im Himmel vorbehalten ist. Arische Stämme haben Soma vor 3500 Jahren als Rauschmittel mit dem Ziel der Erleuchtung genutzt. Dabei soll es sich um einen Auszug des Fliegenpilzes gehandelt haben, glaubte der US-amerikanische Ethnomykologe und Autor Robert Gordon Wasson (1898–1986).


Eine steile These. Es geht aber noch steiler: Der englische Philologe John M. Allegro (1923–1988), einer der Entzifferer der Schriftrollen vom Toten Meer und viele Jahre Dozent für Bibel-Studien an der Universität Manchester, glaubte, dass mit dem Wort «Jesus» in der Bibel kein Mensch gemeint sei; vielmehr sei «Jesus» ein Deckname für den Fliegenpilz. Und die Evangelien der Urchristen seien die verschlüsselte Lehre über den Kult rund um den heiligen Pilz. Dessen Anhänger sollen ihn rituell verspeist haben: «Dadurch wurden psychoaktive Pilze zum Ursprung unserer Religionen.» Seine These beschrieb Allegro in «Der Geheimkult des heiligen Pilzes». Dafür erntete er heftige Kritik von akademischer Seite, die ihm «hochtrabenden Unsinn» bescheinigte.






«   Deshalb haben wir Fliegenpilze -gesammelt. Die machen Bilder. Die zahlen die Zeit zurück. Die muss man mit Haupt und Pusteln in Scheiben schneiden, trocknen, zu Pulver stossen, das man an Süppchen, Kuchenteig, Sülze rührt.  »

Günter Grass, dt. Nobelpreisträger für Literatur, in «Der Butt» (1977)


Der Fliegenpilzrausch


Der Fliegenpilz ist eines der wichtigsten Reisemittel für Schamanen, um in andere Welten zu gelangen. Er ist weitaus weniger giftig, als gemeinhin angenommen wird. Verlässliche Angaben über die tödliche Dosis fehlen. Schätzungsweise liegt sie bei 100–300 g getrocknetem oder 1–3  kg -frischem Material. Die Potenz der Fliegenpilze ist sehr variabel.


Die Dosierung kann deshalb nicht mit Sicherheit angegeben werden; ausserdem reagieren Menschen unterschiedlich sensibel. Interessierte sollten sich also unbedingt langsam an die passende Dosis herantasten! Auf erowid.org sind folgende Angaben zu finden (bezogen auf komplett getrocknetes Hutmaterial): 1–5  g für eine leichte Rauschwirkung; für eine mittlere Wirkung etwa 5–10 g; für eine starke Wirkung etwa 10–30 g. Bei höheren Dosen kann es zu Krämpfen, Lähmungen und zum -Kollaps mit Kreislauf- und Atemstillstand kommen!


Die Wirkung setzt nach rund 30 Minuten ein, der Peak ist nach ein bis zwei Stunden zu erwarten; insgesamt dauert der Trip 5 bis 15 Stunden. Zum Verdampfen im Vaporizer benötigt man eine Temperatur von 175–200 °C.


Die Wirkung wird meist als traumhaft bzw. trance-ähnlich beschrieben, jedoch häufig auch als unangenehm empfunden. Nebenwirkungen wie Schwitzen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Bauchkoliken treten indes meist nach dem Genuss von frischen Pilzen auf. Bei entsprechendem Setting kann Fliegenpilz auch enthemmend, euphorisierend und entspannend wirken; deshalb wurde er früher auch als Gesellschaftsdroge verwendet, ähnlich wie Alkohol. In der Regel beendet ein tiefer Schlaf mit lebhaften Träumen den Rausch.





Der Weihnachtsmann als Schamane

Offenbar sprengt der Fliegenpilz jegliche Grenzen der Fantasie. Nicht von ungefähr heisst es im ersten deutschsprachigen «Drogenbuch» «Die narkotischen Genussmittel» (1855): «Die Fantasie wird durch den Fliegenschwamm ähnlich angeregt, wie es beim Opium und Haschisch der Fall ist.» Das hat pharmakologische Gründe; doch dazu später mehr.


Bleiben wir vorerst bei den Mythen und Thesen. Auch Christian Rätsch hat eine sonderbare parat. In «Abgründige Weihnachten» schreibt er: «In Wirklichkeit feiern wir ein heidnisches Fest und der rot-weiss gekleidete Weihnachtsmann entpuppt sich als heimlicher Schamane und anthropomorpher Fliegenpilz.» Der magische Flug, die seltsamen Pilze, die Rentiere, der Ritt in fremde Welten und das Mitbringen von Gaben – all das habe der Weihnachtsmann mit Schamanen gemein. Als Erinnerung daran schmückten wir bis heute Christbäume mit Fliegenpilznippes. Und in Schweden dominieren zu Weihnachten nach wie vor die Farben rot und weiss – vom Christbaumschmuck über die Kerzen bis zur Serviette, alles in Anlehnung an den Fliegenpilz? Wer weiss. Zufall ist die Tradition der Schweden sicher nicht.


Bekannt ist, dass die Schamanen des Nordens den Fliegenpilz seit Äonen für ihre Riten nutzen. Etwa die Samen in Lappland und die Stämme der Ostyak, -Vogul oder Tschuktschen in Sibirien. Von ihnen stammt auch der Brauch des Urintrinkens: Da die aktiven Substanzen des Fliegenpilzes vom Organismus nicht resorbiert und über den Harn ausgeschieden werden, tranken die Menschen mancher Volksstämme den Urin des Schamanen, der sich zuvor eine grosse Menge Fliegenpilz einverleibt hatte. Bis zu fünf Mal soll der Urin weitergegeben worden sein. Auch Rentiere lechzen angeblich nach «Fliegenpilzurin»; und sie graben selbst im Schnee nach den Fruchtkörpern dieses ganz besonderen Pilzes – ob aus Lust am Rausch oder schlicht, weil er nahrhaft ist und schmeckt, wissen wohl nur die Schamanen.

Apropos: Christian Rätsch riet dem Autor dieses -Artikels einst an einem LSD-Symposium in Basel, den Fliegenpilz zu kosten – schliesslich handle es sich um die heilige Schamanendroge unserer Kultur.


«  Wir haben Soma getrunken, -unsterblich sind wir geworden, -gekommen sind wir zum Licht, -aufgefunden haben wir die Götter.   »

Rigveda VIII 48.3


Würz-, Lebens- und Rauschmittel

Bis zum Selbstversuch verstrichen viele Jahre. Der Respekt vor dem Fliegenpilz ist gross. Zurecht! Immerhin ist er leicht giftig (eine tödliche Vergiftung ist kaum möglich; eher kotzt man, als sich eine ernsthaft schädliche Menge einzuverleiben); zudem unterscheidet sich der durch ihn induzierte Rausch erheblich vom Rausch anderer, gängigerer Drogen wie Alkohol oder Cannabis. Und so kam er – gleichsam als Speisepilz – erstmal in die Pfanne. Mit Butter angebraten schmeckt Fliegenpilz überraschend gut. Allerdings stellte sich bald nach dem Verzehr nur eines Hutes leichtes Bauchgrummeln und Unwohlsein ein. Das hielt zwei, drei Stunden an, dann war mir wieder «vögeliwohl». Es stellte sich gar ein leicht euphorischer Zustand ein. Vielleicht auch nur, weil ich den Selbstversuch überlebt habe…


Ich bin eben kein Schamane! Und auch von Rauschwirkung keine Spur. Dummes Experiment? Nicht unbedingt. Ein Russe berichtete mir, dass er getrockneten Fliegenpilz über Salate und in Suppen streut; er ist überzeugt, dass dies sein Herz und Immunsystem stärkt. Tatsächlich wird der Fliegenpilz mancherorts als Speisepilz geschätzt. Etwa in Teilen Russlands oder in Japan. Es kommt eben auf die Zubereitung an: In Sibirien gilt der nach dem Abkochen (bis zu 30’) scharf gebratene Fliegenpilz als sehr wohlschmeckend und bekömmlich; auf der Insel wird er in Salzlake eingelegt. Auch das schwemmt die unbekömmlichen Wirkstoffe aus dem Schwamm.


Manche von denen sind für den rituellen Gebrauch gefragt. Auch bei den Hexen (bilden die Fruchtkörper des Fliegenpilzes einen Kreis, so spricht man von Hexen- oder auch Feen- und Elfenring. Von vielen Wesen wird der «magische Kreis» für Rituale genutzt). Sie, so heisst es, hätten den Fliegenpilz einverleibt, um in der anschliessenden Trance auf Astralreise zu gehen. Auch Neo-Schamanen und Psychonauten haben es auf die psychoaktive Wirkung des Fliegenpilzes abgesehen. Dazu muss man ihn zunächst trocknen. Denn beim Trocknen wandelt sich die Ibotensäure in das Alkaloid Muscimol um (ein sogenanntes Parasympathomimetikum), das hauptsächlich verantwortlich ist für den Rausch.

Der Fliegenpilz wird fast weltweit von Schamanen nicht nur pur verspeist, sondern auch mit Tabak vermischt als Rauchware benutzt. Oft wird lediglich die abgezogene rote Haut getrocknet und geraucht. Auch das führt zu Trance, Hellsichtigkeit und Wachträumen. Der Fliegenpilz, heisst es, birgt ganze Universen in sich. Wenn man ihn massvoll, mit Respekt und einer halluzinogenen Erwartung verspeist oder raucht, beschert er in der Regel angenehme Trancen und Träume. Von Albträumen wird kaum berichtet. Mitunter kommt es aber zu Übelkeit, Durchfall und Schwindel. Der starke Fliegenpilzrausch – vor dem ausdrücklich gewarnt sei! – verwirre die Sinne, heisst es in «Pflanzen der Götter» von Richard E. Schultes und Albert Hofmann: «Es treten Halluzinationen auf, begleitet von impulsiven Bewegungen und Krämpfen. Anfälle grosser Lebensfreude wechseln sich ab mit Augenblicken tiefer Depression.» Nicht gerade das, was man sich gemeinhin von einem Rausch verspricht.





Artname

Fliegenpilz



Ordnung Champignonartige (Agaricales)


Familie Wulstlinge (Amanitaceae)


Grösse Durchmesser des Hutes bis zu 15 cm; Stiel bis zu 20 cm lang


Saison Fruchtkörper (sichtbarer, oberirdischer Teil) von Sommer bis Herbst


Lebenserwartung viele Jahre (Myzel)


Ernährung Symbiose mit Bäumen wie Fichten und -Birken, die dem Pilz Zucker zur Verfügung stellen. Im Gegenzug versorgt der Fliegenpilz den Baum mit Nährstoffen wie Stickstoff oder Spurenelementen.


Lebensraum Wald (auch in Graslandgesellschaften), urbane Lebensräume (z. B. in Parks oder Gärten)


Inhaltsstoffe Ibotensäure, Muscimol, Muscarin, >30 Aminosäuren, div. Neurotransmitter, Saccharide, seltene Spurenelemente (u. a. Selen und Vanadium) u. v. m.


Quelle waldvielfalt.ch



Heilsames Therapeutikum

Der Fliegenpilz ist ohnehin viel mehr als Genuss- und Rauschmittel. Denn er hat auch heilsame Eigenschaften. So wurde und wird er auch in der westlichen Medizin als Therapeutikum genutzt. Paracelsus (1493–1541) verabreichte ihn bei Schwindsucht (Phthise), Diabetes und Würmern. Andere empfahlen den Fliegenpilz laut Siegfried G. Schäfer, Autor von «Die Dosis macht das Gift. Heilende Pflanzen im Spiegel der Geschichte» (siehe Buchtipp Seite 7) zur Reinigung von «Gehirn, Lunge, Brust, Magen ( . . . ) von zähem grobem Schleim, sowie bei Schwindel und oder Kopfschmerzen». Und auch bei rheumatischen Schmerzen und Epilepsie wurde er verordnet.


Eine besondere Stellung hat der Fliegenpilz bis heute in der Homöopathie. Dort ist er unter dem Namen «Agaricus» gelistet. Das Kombinationsmittel «PSY-stabil spag. Peka Tropfen» zum Beispiel, das unter anderem Fliegenpilzextrakt enthält, wird zur Behandlung von Erwartungs-, Prüfungs- und anderen Ängsten eingesetzt. Wichtige Indikationen für eine homöopathische Anwendung waren laut Schäfer auch Chorea Huntington (Veitstanz), vorzeitiger Samenerguss (Ejaculatio praecox), Hautjucken und Frostbeulen. «Weitere Indikationen», schreibt Schäfer, «waren Gehirnübermüdung, Augenzittern (Nystagmus) oder Multiple Sklerose.»


Heute wird der Fliegenpilz in der Homöopathie nicht nur zur Linderung von Ängsten, sondern auch von Schmerzen und Kältegefühl in Armen und Beinen sowie bei Zuckungen eingesetzt. Andere verordnen ihn bei Tripper, Multipler Sklerose oder Neuralgien. Als homöopathische Potenz kann der Pilz der Pilze auch Beschwerden der Wechseljahre, Übererregbarkeit und Blasen- und Darmkrämpfe lindern.

Wenn auch nicht gerade ein Unsterblichkeitsmittel, so ist der Fliegenpilz doch ein Therapeutikum. Wenn das keine fantastische Geschichte ist – ganz ohne steile These! //




Aktualisiert: 14. Sept. 2021

Kategorie: Natur


Bäume können auf mannigfache Weise heilend wirken. Das geht weit über das «Waldbaden» hinaus. Lassen Sie sich ein auf Begegnungen der bäumigen Art.



Auch wenn es schon einige Jahre her ist, erinnere ich mich immer wieder an jene Begegnung im Park des Klosterhotels Kreuz in Mariastein in der Gemeinde Metzerlen-Mariastein SO. Im Rahmen eines Seminars beschäftigten wir uns mit der Ausstrahlung von Bäumen. Ich habe mir eine mächtige Hängebuche am Rande des Parks ausgesucht und liess mich auf sie ein. Ich näherte mich ihr mit langsamen Schritten unter ihrem schützenden Blätterdach der ausladenden Äste hindurch, die bis zum Boden reichten. Es ist schwer, dieses Gefühl, das in mir aufkam, in Worte zu fassen. Ich spürte eine zunehmende Wärme, Geborgenheit und starke Emotionalität, die sich in mir breitmachte. Ich fühlte mich umarmt von diesem Baum. Wie ein Kind im Bauch seiner Mutter. Was für eine Begegnung, die heute noch nachklingt!


Bäume als wundersame Seelenführer «Es gibt unzählige Geschichten von Männern und Frauen, die zum ersten Mal ganz bewusst die Kraft eines Baumes in ihrem eigenen Körper, ja in ihrem Herzen fühlen», schreibt Helena Koch, Autorin der Bücher «Stärke Deine Seele mit den 12 Baumenergien» und «Vom Lebensbaum zum Seelenstern». Koch leitet auch Seminare, bei denen die energetische Wirkung von Bäumen im Zentrum steht. Da war zum Beispiel eine Kursteilnehmerin mittleren Alters, die Probleme mit ihrem Rücken hatte. Im Rahmen einer Übung lehnte sie sich an eine Tanne. «Sie schilderte mir, wie sie plötzlich eine innere Stimme hörte», erzählt Helena Koch. «Daraufhin fühlte sie, wie sich ihr Rücken aufrichtete und sich Verspannungen langsam lösten.» Doch wie ist das möglich? «Die Frau blickte den Stamm entlang hin zur Krone und erkannte die klare Ausrichtung der Tanne. Dabei wurde ihr bewusst, dass diese klare Aufrichtung in ihrem eigenen Leben oft fehlte.» Doch was genau passierte bei dieser Begegnung? Wie kam es zu dieser Erkenntnis der Frau, als sie sich an der Tanne anlehnte? Bäume können ja schliesslich nicht sprechen, oder? Es finde allemal eine Kommunikation statt, meint Koch. Sie spricht von einer Reise zu sich selbst, zu der Bäume uns einladen: «Weil unsere Seele eng mit der Natur verbunden ist, sind die Bäume uns ausgezeichnete Seelenführer. Sie berühren uns im Innersten.»


Waldbaden schützt vor Herzinfarkt Viele Dichter und Denker richteten sich in den Kronen grosser Bäume eine luftige Laube ein, um dort ungestört neue Lebenskräfte zu tanken und mit ihren Bäumen zu «sprechen». Davon schreibt Manfred Himmel in seinem Buch «Bäume helfen heilen». Weiter erfährt man darin zum Beispiel, dass der Bayernkönig Ludwig II. (1864–1886) mehrere Bäume in seinen Bergen wie göttliche Wesen verehrt habe. Und Fürst Bismarck umarmte offenbar in seinem Sachsenwald öfter eine junge Birke, um neue Kraft zu empfangen. «Der Wald bringt uns zur Urquelle zurück», sagt Christian Kindlimann, Gesundheits- und Potenzialcoach aus Hägglingen AG. Manche seiner Coaching-Gespräche finden als Spaziergänge im Wald statt. «Im Wald braucht es nur halb so viel Aufwand, um zu sich selbst zu finden, Kraft zu tanken und in den Fluss zu kommen», sagt Kindlimann. Ein Waldspaziergang, das Eintauchen in die Welt aus frischem grünem Laub, in den Ohren das Rauschen der Blätter und in der Nase den Duft von Harz und Tannennadeln, tue Körper und Seele gut.


Gerade in Zeiten von Corona zieht es viele Menschen hinaus in die Natur, besonders auch in den Wald. Zu Recht: Die positive Wirkung eines Waldspazierganges, einem «Waldbad», ist nicht etwa nur ein Volksglaube, sondern wurde inzwischen durch wissenschaftliche Studien belegt. In Japan etwa entwickelte sich mit dem Waldbaden ein regelrechter Gesundheitstrend, der mittlerweile auch in der westlichen Welt angekommen ist. «Bäume vermitteln uns Stabilität, Sicherheit und Zugehörigkeit», erklärt Christian Kindlimann. Und der österreichische Biologe und Buchautor Clemens Arvay – er sammelt internationale Forschungsergebnisse zur Wirkung des Waldes auf die Gesundheit – kommt zum Schluss: «Der Wald hilft uns gegen Depressionen, gegen psychische Stressbelastungen und Burn-out. Und er stärkt unser Immunsystem und kann so vor ernsthaften chronischen Krankheiten und sogar vor Herzinfarkt schützen.»


Sich mit einem Baum verbinden


Bleiben Sie zuerst in einiger Entfernung stehen und schauen Sie sich den Baum in Ruhe andächtig an.


Versuchen Sie, seinen Geruch wahrzunehmen.


Lassen Sie die Gestalt des Baumes auf sich wirken.


Wirkt der Baum auf Sie einladend oder abweisend?


Öffnen Sie jetzt Ihre Seele, Ihr Herz für den Baum.


Schreiten Sie langsam auf den Baum zu und umrunden ihn in der Entfernung von einer Armlänge.


Bedanken Sie si


ch beim Baum, dass sie bei ihm sein dürfen.


Legen Sie die Hand auf den Baumstamm und schliessen Sie dabei die Augen.


Öffnen Sie sich ganz für die innere Wahrnehmung.


Bleiben Sie so eine Weile mit geschlossenen Augen und fühlen Sie sich verbunden mit dem Baum.


Wenn Sie sich wieder vom Baum trennen möchten, streicheln Sie den Stamm und bedanken sich beim Baum für diese Erfahrung.


Sie können dem Baum auch zusätzlich danken, indem Sie ihm ein Geschenk zurücklassen – etwa einen schönen Stein, einen Kristall oder ein Stück Eisen.


Welcher Baum tut mir gut?










Birke

wirkt erfrischend, vertreibt Unlust, Depressionen und beruhigt die Nerven; regt den Stoffwechsel an, lindert Hautkrankheiten, Arthritis, Gicht und Rheuma.


Buche

gibt freiwillig keine Kraft ab, nimmt aber Krankheiten auf – zum Beispiel Kopfschmerzen und Migräne. Ihr Energiefeld klärt wirre Gedanken und fördert das geistige Schaffen.


Tanne

fördert die ständige körperliche und geistige Erneuerung. Ihre Strahlkraft wirkt durchblutungsfördernd, heilt Lungenschwäche, verschleimte Atemwege und beschleunigt die Wundheilung.


Eiche

regt den Menschen zum Nachdenken über sich selbst an und ordnet die Gedanken; schenkt Lebenskraft und wirkt u.a. bei Hautkrankheiten.


Linde

hat eine lösende Wirkung bei Husten, Heiserkeit, regt die Nieren an und vertreibt innere Unruhe. Fördert Gemeinschaft und Gerechtigkeit; hilft zu verstehen, wie die Geschehnisse miteinander vernetzt sind.


Verbindung zu Himmel und Erde Auf der philosophisch-spirituellen Ebene sind Menschen und Bäume Geschwister, meint Christian Kindlimann: «Die Wurzeln eines Baumes bahnen sich ihren Weg – genau wie wir Menschen immer wieder neue Wege gehen.» Für Manfred Himmel sind Bäume «atmende Lebewesen mit Haut, Adern, Kreislauf und Nerven». Bäume können, so Himmel, Schmerzen empfinden und sich freuen, haben paranormale Fähigkeiten und wohltuende Heilkräfte. «Sie können mit dem Menschen kommunizieren, seine Seele und seinen Körper heilen, seinen Charakter ändern, Trost spenden und vieles mehr.» Zudem, sagt er bestimmt, haben Bäume ein Bewusstsein. Einen Hinweis auf die Wesensverwandtschaft zwischen Baum und Mensch findet sich zum Beispiel in der nordischen Mythologie. Dort wird das erste Menschenpaar nicht wie in der Bibel aus Erde und (Adams) Rippe geschaffen, sondern aus zwei Baumstämmen, die die Götter am Strand des Urmeeres finden. Sie schufen Ask, den Mann, aus einer Esche, und Embla, die Frau, aus einer Erle. Die Esche gilt als Weltenbaum, der mit seinen Blättern die gesamte Welt umspannt. Dieser Weltenbaum verbindet alle Ebenen der Schöpfung und das Diesseits mit dem Jenseits. «Bäume haben Wurzeln in der Erde und Äste im Himmel, die sie, Wurzeln gleich, dem Licht entgegen strecken», sagt Helena Koch. Erst durch das Zusammenwirken beider Systeme – Wurzeln und Ästen – ist der Baum lebensfähig. «Dieses Sinnbild des Zusammenspiels von materiellen und lichtvollen Kräften, ist für uns Menschen wichtiger denn je in einer Zeit, in der bei vielen das Bewusstsein für die eigene Natur verkümmert.»


Wie die Baummedizin wirkt Aber nicht nur feinstofflich, auch im phytotherapeutischen Sinne bergen Bäume Heilkräfte. In der Baummedizin werden die sogenannten Phytonzide wie Senfölglykoside, Terpene oder ätherische Öle genutzt. Diese antibiotisch wirksamen Substanzen aus Pflanzen werden auch als Phytoantibiotika bezeichnet. Aufgenommen werden sie über die Haut und die Lungen. Phytonzide bilden das natürliche Abwehrsystem der Bäume, die sich damit gegen Schadinsekten schützen. Sie haben eine desinfizierende und entzündungshemmende Wirkung. Das ätherische Öl der Fichte etwa wirkt wie das der Tanne schleimlösend, durchblutungsfördernd und hat eine antibakterielle Eigenschaft. Die Blüten der Linde haben ebenfalls eine schleimlösende Wirkung, sie sind deshalb ein beliebtes Hausmittel bei Erkältung, Schnupfen, Grippe, Husten und Bronchitis. Ahornblätter wiederum können als kühlendes und abschwellendes Hausmittel verwendet werden. Auch müde Füsse oder geschwollene Augen erfahren durch die Auflage eines Ahornblattes Linderung. So stellt jeder Baum dem Menschen spezifische Heilkräfte zur Verfügung. Aber auch energetisch unterscheiden sich die Bäume voneinander. Sie besitzen eigene Energiefelder, Charakteren und Heilwirkungen. Welcher Baum passt zu mir? Eine Möglichkeit, den persönlichen Kraftbaum zu finden, führt über das keltische Baumhoroskop. Jedes Sternzeichen ist symbolisch mit einem Baum verbunden und hat seine eigene Bedeutung. Diese Einteilung basiert auf dem keltischen Baumkreis, der aus 21 Baumzeichen besteht. Jedem Menschen wird darin nach seinem Geburtsdatum einen Lebensbaum zugeordnet. 17 dieser Bäume kommen jeweils zweimal im Jahr vor, die Pappel sogar dreimal. Das Horoskop wechsel alle 10 bis 14 Tage. Der Baumkreis folgt dem natürlichen Jahreskreis und unterteilt das Jahr in seine vier Jahreszeiten. Helena Koch hat ein baumnumerologisches System entwickelt, das die Sinnbilder der Bäume mit unseren heutigen Herausforderungen in Zusammenhang bringt. Eiche, Birke, Olivenbaum und Buche gelten dabei als Hauptbäume und läuten jeweils die vier Jahreszeiten ein. Wer will, kann sich seinen persönlichen Kraftbaum aber auch aufgrund der Qualitäten, die dem jeweiligen Baum nachgesagt werden, aussuchen. Die Esche beispielsweise steht für das Ich-Bewusstsein und übt einen willensstärkenden Einfluss auf den Menschen aus. Laut Manfred Himmel werden der Esche unter anderem gute Erfolge bei rheumatischen Erkrankungen nachgesagt. Für Struktur und Zielfokussierung ist die Energie der Buche bekannt. Ihr Energiefeld klärt wirre Gedanken, fördert das geistige Schaffen und verhilft laut Himmel zu einer positiven Lebenseinstellung. Die Birke gilt in vielen Ländern als Baum des Lichts und steht in den skandinavischen Ländern bei den bekannten Sonnenwendfeiern im Mittelpunkt.


Christian Kindlimann empfiehlt, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und sich auf jenen Baum einzulassen, der sich einem anbietet. «Grundsätzlich ist der Baum für eine Person relevant, der gerade vor ihr steht.» Ein Baum darf ruhig mit allen Sinnen wahrgenommen werden – indem man zum Beispiel die Wurzeln berührt, am Stamm riecht, dem Rascheln der Blätter lauscht oder zusammen mit dem Baum atmet. Über unseren Rücken nehmen wir feinstoffliche Energien oftmals am besten wahr. Deshalb lohnt es sich, sich an den Stamm zu stellen oder zu setzen und den Baum einfach mal auf sich wirken zu lassen.


Links

Christian Kindlimann: www.flusssein.ch

Helena Koch: www.helenakoch.ch

Buchtipps

Manfred Himmel «Bäume helfen heilen», Schirmer Verlag 2016, ca. Fr. 18.–

Helena Koch «Vom Lebensbaum zum Seelenstern», Verlag Newcreacom 2007, ca. Fr. 43.–

Karin Greiner «Bäume in Küche und Heilkunde», AT Verlag 2017, ca. Fr. 34.–

Aktualisiert: 3. Sept. 2021

Kategorie: Natur


Es blüht in geradezu überschäumender Pracht – ein Fest für alle Naturliebhaber. Gärtner freuen sich besonders auch über frische Kräuter, denn sie sind gesund und bringen Würze ins Leben. Damit sie gedeihen, gilt es, einiges zu beachten.



Jetzt im Hochsommer versprüht unser Garten ein mediterranes Flair. An der schützenden Hauswand blüht der Rosmarin, im Halbschatten der Veranda ein alter Salbeistock und auch die jüngst zugekauften Zitronenbäumchen gedeihen prächtig. In den Töpfen auf der Terrasse haben wir Rucola und wärmeliebenden Basilikum gepflanzt. Beide passen wunderbar zu allerlei Sommergerichten. Spaghetti, frische Tomaten und etwas geschnittene Kräuter, fertig ist der schnelle Schmaus.

Einerseits halten Kräuter uns gesund, andererseits bringen sie Würze ins Leben respektive in die Speisen. Um frische Kräuter zu pflegen, braucht es weder viel Platz noch Zauberei; sie gedeihen meist prächtig, viele sind anspruchslos und damit gerade für Gartenneulinge bestens geeignet.

Überraschung für Gourmets Eines unserer absoluten Lieblingskräuter ist das Basilikum, von den Gärtnereien zur Pflanze des Jahres 2021 erkoren. Unser Basilikum steht in einem Topf auf der Terrasse gleich vor der Küche, damit wir beim Kochen stets auf seine Blättchen Zugriff haben. Selbst eine einfache Vorspeise macht das Basilikum zum Festessen; und es birgt für uns ein bisschen den Esprit des Südens. Man fühlt sich gleich ein wenig wie in den Ferien, wenn der Basilikumduft in die Nase steigt.


Überraschung für Gourmets Die herrlichen mediterranen Basilikum-Klassiker wie Spaghetti al Pesto oder Insalata Caprese sind rasch zubereitet und schmecken immer. Und auch in thailändischen oder indischen Gerichten hat Basilikum eine lange Tradition. Hier werden vor allem die Sorten mit Anis-, Zimt- oder Citrus-Noten verwendet. Überraschende Gaumenfreuden bereitet Basilikum in Kombination mit Süssem. So passt das aromatisch würzige Kraut zum Beispiel hervorragend zu Früchten und Beeren.

Basilikum ist jedoch nicht nur bei Gourmets beliebt, sondern auch aufgrund seiner positiven Wirkung auf die Gesundheit. Basilikum-Tee wird beispielsweise als beruhigendes, krampflösendes Mittel bei Verdauungsproblemen empfohlen. Verwendet wird das ganze Kraut: Einfach mit heissem Wasser übergiessen und zehn Minuten ziehen lassen. Basilikum wirkt ausserdem appetitanregend, hustenstillend, milchvermehrend, nervenberuhigend, schlaffördernd, schweisstreibend und potenzstärkend.

Ob als Tee, in mediterranen oder asiatischen Speisen oder als süsses Dessert, Basilikum sollte nur frisch verwendet werden. Beim Trocknen gehen (zu) viele Aromastoffe verloren. Auch gekocht schmeckt er nicht wirklich. In warmen Speisen wird Basilikum deshalb erst zum Schluss, kurz vor dem Servieren, beigegeben. Um die unvergleichlichen Sommeraromen des Basilikums für die kühlere Jahreszeit zu konservieren, kann man Basilikum-Pesto oder -öl herstellen, Letzteres passt ideal zu Tomatensalaten. Dazu einfach 2–3 EL frische Basilikumblätter mit ¼ l Olivenöl übergiessen, etwas Salz und schwarzen Pfeffer dazugeben. Auf dieselbe Weise kann man auch Basilikumessig herstellen; wir verwenden dazu naturtrüben Apfelessig. Auch als Basilikum-Salz oder fein gehackt und eingefroren bleiben die Aromen recht gut erhalten.

Gartenarbeit im Juli Nutzgarten ● Frei gewordene Beete nie brach lassen. Noch können Saaten von Gemüse und Gründüngung (z.B. Buchweizen, Tagetes, Phacelia) sowie Setzlinge ausgebracht werden. ● Gemüse und Kräuter direkt oder in Saatschalen säen: Basilikum, Radieschen, Rettiche, Spinat, Salate, Endivie, Chinakohl und Winterblumenkohl sowie bis Monatsmitte Buschbohnen, Fenchel und Karotten. ● Setzlinge pflanzen: Blumenkohl, Broccoli, Fenchel, Federkohl, Stangensellerie, Kohlrabi, Salat und Lauch. ● Im Beerengarten die Neutriebe der Brombeere und Himbeere aufbinden, die Ausläufer der Erdbeere entfernen. Johannisbeere und Stachelbeere nach der Ernte auslichten. ● Pflanzen mit hohem Nährstoffbedarf (Kohl, Wirz, Lauch) mit Kompost und stickstoffbetonter Düngung versorgen. Ziergarten Pflanzen in Gefässen regelmässig – wenn möglich frühmorgens – giessen und düngen. Pflanzen in Gartenerde nicht zu oft, dafür ausgiebig in den Wurzelbereich wässern. Regelmässiges Entfernen von Verblühtem oder gar einen Rückschnitt verdanken Sommerblumen und Stauden mit einem ausdauernden Blühen bis zum Frost. Zweijahresblumen säen: Bartnelke, Dotterlack, Gartenbürsteli, Hornveilchen, Stockrosen, Stiefmütterchen und Vergissmeinnicht. Sommergrüne Laubhecken und Hecken aus immergrünen Nadelgehölzen (Eibe, Thuja) schneiden.

So gedeiht Basilikum Es gibt viele Basilikumsorten. Unsere Favoriten sind das Genoveser Basilikum für italienische und mediterrane Speisen, Basilikum Marseillaise für die französische Küche, Zitronen- und Griechisches Basilikum für Sommersalate mit Feta und Oliven, Thai-Basilikum für die asiatische Küche sowie Indisches Basilikum, das auch als Heiliges Basilikum oder Tulsi (Ocimum sanctum) bezeichnet wird und in der ayurvedischen Heilkunde eine grosse Bedeutung hat. Tulsi bedeutet im Indischen «Unvergleichliche» und ist den Hindus das heiligste Kraut überhaupt, die «Königin der Kräuter».

Alle Sorten haben ähnliche Bedürfnisse. So benötigt Basilikum einen warmen, geschützten und hellen Standort. Es sollte deshalb erst ins Freie, wenn die Temperaturen nicht mehr unter 12 °C sinken (ca. ab Mitte Mai). Optimal sind sonnige bis halbschattige Standorte, die über Mittag vor intensiver Sonneneinstrahlung geschützt sind. Die Wurzelballen sollten regelmässig feucht, aber keinesfalls nass sein und nie ganz austrocknen. Um Basilikum längerfristig nutzen zu können, sollten die Pflanzen nach dem Kauf in ein grösseres Gefäss oder Kistchen gepflanzt werden. Rund vier bis sechs Wochen nach dem Pflanzen sollte dem Giesswasser wöchentlich einmal Dünger beigegeben werden.

Bei der Ernte sollten nicht einzelne Blätter abgezupft, sondern ganze Triebe oberhalb eines Blattpaares abgeschnitten werden. So bleibt die Pflanze vital, wird immer buschiger und blüht kaum. Beginnt Basilikum zu blühen, stellt es die Entwicklung neuer Blätter und Triebe praktisch ein. Es bilden sich lange Blütenrispen mit zahlreichen kleinen, weissen oder lilafarbenen Blüten, die rege von Bienen und anderen Insekten besucht werden. Die Blüten lassen sich als essbare Dekoration verwenden. So hat auch blühendes Basilikum durchaus seinen Wert.


Kleine Kräuterkunde Bietet man Küchenkräutern einen passenden Standort, sind sie erstaunlich genügsam. Einzig Sorten, die in Töpfen gehalten werden, gilt es, regelmässig zu wässern. Das aber mit Augenmass, denn Kräuter vertragen Staunässe schlecht. Sie gedeihen in der Natur ja oft auf sehr kargen Böden, sei es am Mittelmeer auf sandigen Böden oder bei uns an Bahndämmen und auf Magerwiesen. Auch Dünger brauchen Kräuter nur wenig, die meisten sind Schwachzehrer. Ein Übermass an Nährstoffen macht sie krank und oft auch fade: Werden Kräuter zu stark gedüngt, bilden sie meist weniger Aromastoffe aus.

An der prallen Sonne bilden Rosmarin, Thymian, Oregano, Majoran, Bohnenkraut, Fenchel, Dill, Estragon, Lavendel und Kamille mehr aromatische Stoffe aus als im Schatten. Entsprechende Kräuter erkennt man an ihren schmalen Blättern – sie begrenzen die Wasserverdunstung. Kräuter mit grossen, weichen Blättern hingegen wachsen meist lieber im Halbschatten. Für Kräuter in Töpfen haben wir diesen Tipp: Drehen Sie die Töpfe und Schalen einmal wöchentlich um die Achse, damit die Pflanzen gleichmässig wachsen.

Kräuter lassen sich nahezu überall halten und sind ideale «Lückenfüller», egal ob in Töpfen oder in den Beeten. Manche Kräuter sind derart schön, dass sie selbst in Blumengemeinschaften überzeugen. Wir denken dabei z. B. an die Kapuzinerkresse, deren Blätter und Blüten an Salaten wunderbar schmecken. Oder an Duftnesseln (Agastache-Sorten), die von Juni bis Oktober blühen und deren Blüten und Blätter je nach Sorte nach Zitrone, Minze, Anis oder Fenchel duften und so Salate und andere Speisen aromatisieren. Säen kann man alle Kräuter selbst – wenn man warten mag. Für alle, die an eine schnelle Ernte denken, empfiehlt es, sich auf dem Wochenmarkt oder in Gärtnereien Setzlinge zu kaufen.


Anbau von Küchenkräutern Mehrjährige Kräuter, die in freier Natur wachsen, benötigen wenig Dünger und Fürsorge. Kräuter in Töpfen hingegen sind auf unsere Fürsorge angewiesen. Es gilt, sie regelmässig zu wässern und vor tierischen Gourmets zu schützen. Denn auch Schnecken lieben Kräuter, allen voran das Basilikum. Darum ist dieses bei uns im Topf auf der Terrasse besser aufgehoben als im Gartenbeet. Kräuter, die man im Handel kaufen kann, stehen meist in zu kleinen Töpfen. Man sollte sie unbedingt umtopfen oder je nach Wuchsdichte sogar vorsichtig teilen und neu eintopfen. «Mittelmeerkräuter» vertragen schwere Böden schlecht. Darum muss die Erde unbedingt durchlässig gemacht werden, indem man Sand, Kies oder Steine einarbeitet. In Töpfen muss das Wasser ungehindert abfliessen können, damit keine Staunässe entsteht. Im Sommer tragen die meisten Küchenkräuter Blüten. Die Blütenknospen sollte man frühzeitig wegknipsen, sonst geht der Pflanze Saft und Kraft verloren, die sie fürs Wachstum braucht. Andererseits erfreuen die Blüten Wildbienen und Co. Auch wer später Samen ernten will, lässt die Blüten am einen oder anderen Zweig stehen. Die Blütenstände von Basilikum und Oregano können übrigens gegessen werden, sie schmecken sogar aromatischer als die Blätter.


Gartenarbeit im August


Nutzgarten Bei Trockenheit am Morgen giessen, möglichst nur den Wurzelbereich (vermeidet Pilzbefall der Blätter). Bei Tomaten neue Blütentriebe entfernen, denn bis zur Reife reicht die Zeit kaum mehr. Direkt aussäen: Rucola, Nüssler, Frühlingszwiebeln, Gartenkerbel, Koriander, Pflücksalat (Wintersorten), Radicchio sowie Spinat und Gründüngung. Setzlinge pflanzen von Endivie, Fenchel und bis Monatsmitte Chinakohl, Kohlrabi, Kopfsalat und Winterblumenkohl. ● Rhabarberstöcke pflanzen und Steckzwiebeln sowie Knoblauch stecken. ● Beeren nicht mehr düngen. Erdbeeren möglichst bis Mitte Monat pflanzen. Abgetragene Ruten der Sommerhimbeeren ausschneiden, Neutriebe aufbinden. Fruchttriebe von Brombeeren einkürzen.







Ziergarten ● Pflanzen ausputzen, wenn nötig zurückschneiden. ● Knollen ausgewählter Zwiebelblumen setzen. ● Mitte August ist der letzte Saattermin für Frühlingsblüher wie Stiefmütterchen, Dotterlack und Vergissmeinnicht. ● Immergrüne Sträucher, Fingerhut, Marienglockenblumen, Pfingst- und Stockrosen sowie Zierkohl auspflanzen. ● Immergrüne Hecken schneiden. ● Kübelpflanzen ab Monatsmitte nicht mehr düngen.

Fast alle Kräuter harmonieren miteinander und lassen sich auch problemlos mit Gemüse kombinieren. Basilikum und Tomaten vertragen sich prima, ebenso Bohnenkraut und Buschbohnen sowie Dill und Gurken. Kamille wiederum schätzt die Gesellschaft von Zwiebeln und Rüebli. Fenchel hingegen verträgt weder Kümmel, Dill noch Koriander. Und auch Petersilie und Schnittlauch sollten gebührend Abstand halten. In unserem Garten vertragen sie sich zwar erstaunlich gut – aber wohl auch nur, weil wir ihnen genügend Platz lassen. Einzeln pflanzen sollte man alle Minzen- und Melissen-Arten, denn deren Rhizome und Ausläufer unter dem Boden bringen Nachbarn schnell in Bedrängnis, insbesondere in Töpfen. Wermut sollte überdies im Garten separiert stehen, denn dieser wirkt auf viele Pflanzen wachstumshemmend. Auch Maggikraut ist ein Solist; in frischer, nahrhafter Erde wird diese Pflanze beeindruckend gross und hemmt dadurch das Wachstum umliegender Pflanzen.


Pflege, Ernte – und dann? Damit unsere Kräuter und auch die Blumen nicht krank werden, geben wir Ihnen mehrmals wöchentlich Auszüge aus Brennnesseln und Beinwell. Auch die richtige Lage leistet einen wichtigen Beitrag zur Gesunderhaltung der Pflanzen. Wichtig ist ausserdem das Ansiedeln von Nützlingen wie Marienkäfern und Ohrwürmern, die die Pflanzen vor Läusen bewahren. Blattläuse lassen sich auch mit den Fingern abstreifen oder mit einem Wasserstrahl wegspritzen. Falls Kräuter oder Blumen dennoch einmal serbeln sollten, schneiden wir die pilzbefallenen Blätter und Triebe weg.

Um zu ernten, werden an Kräutern Triebe resp. Triebspitzen weggeschnitten, aber nie abgebrochen, sonst nisten sich in den Knickstellen leicht Pilzkrankheiten ein. Idealerweise setzt man die Schere kurz vor der Blüte an einem sonnigen Tag an. Denn dann bergen die Blätter besonders viele Aromastoffe.

Trocknen lassen sich bei den meisten Arten und Sorten sowohl die Triebe wie auch die Blätter. Von Melisse, Pfefferminze, Maggikraut trocknet man jedoch nur die Blätter. Damit möglichst wenig Aromastoffe verloren gehen, sollte man sie vorsichtig vom Stil lösen. Wir trocknen die Blätter auf weissen Leintüchern im schattigen Garten oder auf Packpapier im luftigen Estrich, wenn das Wetter einmal nicht so gut ist. Triebe und Stängel binden wir zu losen Bündeln zusammen und hängen diese an eine sonnengeschützte Wand oder an einen Balken, damit sie gut belüftet werden und nicht schimmeln. Nach drei bis vier Tagen sollten die Kräuter trocken sein und können in Baumwollsäcke oder in Gläser abgefüllt werden. Mit ihnen überbrücken wir die Zeit, in der es keine frischen Kräuter gibt. Jetzt aber, wenn diese spriessen, verwende man sie am besten so frisch wie möglich.










Frances und Remo Vetter sind als freischaffende Gartengestalter, Referenten und Buchautoren unterwegs. Fotos: dave brüllmann, at verlag| www.at-verlag.ch | getty-images.com | zvg

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