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Aktualisiert: 3. Sept. 2021

Kategorie: Natur


Saatkrähen sind kommunikativ, intelligent und verbringen ihr ganzes Leben in Gemeinschaft. Ein Plädoyer für die menschenscheue Schwester der Rabenkrähe.



Wer zetert denn am lautesten? Die erboste Passantin jedenfalls übertönt die Krähenschwärme in den alten Bäumen des Stadtparks: «Schauen Sie sich das an! Diese Krähen verdrecken alles, und einen Saulärm machen sie noch dazu! Sicher über zwanzig Nester sind da oben, immer mehr von diesen Vögeln, warum wird da nichts unternommen?!» Was die Passantin wohl nicht weiss: Bei diesen ruffreudigen Vögeln handelt es sich mitnichten um «gewöhnliche» Krähen, sondern um Saatkrähen (Corvus frugilegus, was so viel heisst wie «Früchte sammelnder Rabe»). Aus der Ferne sind sie tatsächlich kaum von der viel häufigeren Rabenkrähe (Corvus corone = «krähenartiger Rabe»), zu unterscheiden, die im Volksmund «Krähe», «Gwaagge», Aaskrähe oder einfach nur Rabe genannt wird.


Saatkrähen sind etwa gleich gross wie Rabenkrähen und haben bis zum Alter von acht Monaten auch das typische Kennzeichen der erwachsenen Saatkrähe noch nicht ausgebildet: einen unbefiederten, hellgrauen Schnabelansatz. Im Gegensatz zur Rabenkrähe brütet die Saatkrähe gemeinschaftlich in Kolonien: Kommen also viele Nester zusammen, handelt es sich um Saatkrähen. Diese gehen auch schwarmweise auf Nahrungssuche und übernachten stets gemeinsam an einem Schlafplatz.


Im Windschatten der Zivilisation Auch die Lebensweise und Ernährung der Saatkrähen unterscheiden sich von jener der Rabenkrähen, weiss Livio Rey, Mitarbeiter der Vogelwarte Sempach: «Saatkrähen fressen zwar wie die Rabenkrähe zur Brutzeit hauptsächlich Regenwürmer, Insekten, Mäuse, Vogeleier und Jungvögel, und im Winterhalbjahr vor allem Samen und Keimlinge. Im Gegensatz zur Rabenkrähe fressen Saatkrähen jedoch kaum menschlichen Abfall. Aufgerissene Abfallsäcke gehen also normalerweise auf das Konto der viel keckeren Rabenkrähen.» Die beiden Arten haben aber auch einiges gemein. So sind z. B. alle Rabenvögel äusserst lernfähig und verstehen es, Nahrung sehr effizient zu nutzen. Kein Wunder also, fühlen sich Saatkrähen - wie auch Elstern und Rabenkrähen - in Siedlungen wohl. Denn im Windschatten der Zivilisation finden sie Strukturen, die genügend Brutmöglichkeiten und Nahrung für sie bieten.


«Die Schweiz ist auch Winterquartier für ziehende Saatkrähen aus Nordosteuropa», berichtet Rey weiter. «Diese Schwärme treffen im Spätherbst ein und bleiben bis im März. Sie halten sich vor allem in den Tieflagen des Mittellandes und der Nordwestschweiz auf.» Die grössten Ansammlungen von gegen Zehntausend überwinternden Saatkrähen bildeten sich in der klimatisch milden Gegend von Basel. «Je nach Lebensraum können Saatkrähen Zug oder Standvögel sein», erklärt der Experte. «Ist es ihnen im Osten und Norden zu kalt, fliegen sie für den Winter Richtung Süden und Westen.»


Saatkrähen sind recht standorttreu. Noch im Winter kehren sie zu ihren angestammten Brutbäumen zurück, wo sie sich in den frühen Morgenstunden versammeln, um potenzielle Nistplätze im Geäst zu begutachten. Im März beginnen die Paare dann mit dem Nestbau. Kunstvoll verbauen sie dürre Zweige in ihre Nester, die sie mit Moos, Flaum, etc. weich auspolstern – wobei schon mal was herunterfallen kann, wie auf jeder Baustelle. Zwischen den Artgenossen verteidigen sie nur die nächste Nestumgebung. Ist ein Nachbarnest unbewacht, werden Zweige fürs eigene Nest stibitzt. Sind mehrere Nester unbesetzt, können regelrechte Plündereien stattfinden. Im April brüten die Paare bis zu vier Eier aus (rund 18 Tage lang); im Mai ziehen sie ihre krakeelenden Küken auf; binnen rund 30 Tagen entwickeln sich die Nestlinge zu flugfähigen Vögeln. In Sachen Nachwuchs herrscht bei den Saatkrähen Gleichberechtigung: Männchen und Weibchen teilen sich Brut- und Versorgungspflichten.


Wohnt man so eng beisammen, ist Organisation und Kommunikation nötig. Immer wieder geht es laut zu und her auf Saatkrähenbäumen, etwa, wenn der brütende Vogel vom Partner gefüttert wird. Später, wenn beide Eltern ihren Nachwuchs versorgen, ertönen auffordernde, heisere Bettelrufe hungriger Jungschnäbel. Ab und zu kraxeln die Jungvögel zum Nestrand, drehen sich um, recken die Kloake übers Nest und – plitsch! Oh weh, wenn unter dem Baum gerade Spaziergänger flanieren oder Autos parkieren, dann sind Konflikte nicht fern. Oft werden diese noch durch generelle Vorurteile gegenüber Rabenvögeln bekräftigt, die sich seit Generationen in den Köpfen festgekrallt haben: vom «Galgen- und Totenvogel» bis hin zu den Bildern aus Alfred Hitchcocks Horrorfilm «Die Vögel» (1963). Mit dem wahren Leben der Rabenvögel hat solcherlei jedoch nicht im Geringsten was zu tun.





Gemeinsam sind sie stark: Saatkrähen leben in Dauerehe und bleiben gleichzeitig stets in Schwärmen verbunden.

Rabenvögel der Schweiz




01 | Rabenkrähe (Corvus corone) Reinschwarzes Gefieder; unterscheidet sich von der ausgewachsenen Saatkrähe durch die befiederte Schnabelwurzel und den weniger spitzen Schnabel. Lebensraum Wald, Kulturland und Siedlungen. Population in der Schweiz 80 000–120 000 Brutpaare


02 | Nebelkrähe (Corvus cornix) Hellgraue Krähe mit schwarzen Flügeln und schwarzem Kopf. Zwillingsart der Rabenkrähe: Früher wurden beide Arten als «Aaskrähe» zusammengefasst, die Nebelkrähe ist jedoch laut DNA-Analysen eine eigene Art; es kommen aber auch Mischungen (Hybriden) zwischen Raben und Nebelkrähen vor. Lebensraum Wald, Kulturland und Siedlungen. Population in der Schweiz 2000–3000 Brutpaare.



03 | Saatkrähe (Corvus frugilegus) Grösse wie Raben- und Nebelkrähe; wichtigstes Kennzeichen ist die nackte, helle Schnabelwurzel. Brütet in Kolonien und lebt immer im Schwarm. Lebensraum Kulturland und Siedlungen. Population in der Schweiz 5800–7300 Brutpaare.


04 | Kolkrabe (Corvus corax) Kolkraben sind die grössten Singvögel überhaupt (etwa bussardgross). Gefieder reinschwarz mit grünlich bis bläulich-metallischem Glanz, Schwanzende keilförmig; kräftiger und leicht gebogener Schnabel. Stimme: vom sonoren «Korrk» und «Grogg»über raues «Rrab» bis zum schönen «Klong» (über 80 Laute). Lebensraum Gebirge, Felsen, Wald (ab und zu auch in bewaldeten Pärken). Population in der Schweiz 2000–3000 Brutpaare.



05 | Dohle (Corvus monedula) Dunkelgrauer Vogel mit hellgrauem Nacken, kurzem Schnabel und heller Iris; kleiner als Saat-, Raben- und Nebelkrähe, schnellerer Flügelschlag. Meist angenehm klingende, kurze Rufe: «kja», oft mehrfach wiederholt, und härteres «kjack!» oder gezogenes «kjaar». Lebensraum Höchste Siedlungsdichten in Städten. Höhlenbrüter in Felswänden, alten Bäumen und Gebäuden (Kamine, Kirchtürme), bildet oft kleine Kolonien. Population in der Schweiz 1250–1500 Brutpaare.


06 | Alpendohle (Pyrrhocorax graculus) Grösse ähnlich der «normalen» Dohle, Gefieder aber komplett schwarz. Wichtigstes Unterscheidungsmerkmal sind der gelbe Schnabel und die roten Beine. Alpendohlen sind Allesfresser. Im Winter besuchen sie auch die Siedlungen. Ausserhalb des Alpenraums kaum zu beobachten. Lebensraum Gesamter Alpenraum. Population in der Schweiz 11 000–21 000 Brutpaare.



07 | Alpenkrähe (Pyrrhocorax pyrrhocorax) Die Alpenkrähe brütet bei uns nur noch im Wallis und zählt zu den stark bedrohten Brutvögeln. Die Nistplätze liegen im Gebirge in Höhen zwischen 1600 und 3000 m ü.M. Bestimmte Neststandorte können über eine lange Zeit immer wieder benutzt werden. Die Paare bleiben sich lebenslang treu. Nur beim Tod eines Partners kommt es zu einer Neuverpaarung. Obwohl Alpenkrähe und Alpendohle im Wallis zusammen vorkommen, werden sie selten in gemischten Gruppen angetroffen. Lebensraum Gebirge im Kanton Wallis. Population in der Schweiz 70–80 Brutpaare.


08 | Elster (Pica pica) Schlanker Rabenvogel mit auffällig langem Schwanz; mit der typischen Schwarz-Weiss-Färbung unverwechselbar. Der Bestand der Elster ist in den letzten Jahrzehnten insgesamt nur leicht angestiegen. Sie ist aber vermehrt ins Siedlungsgebiet eingewandert und zu einem eigentlichen Kulturfolger geworden. Lebensraum Kulturland, Siedlungen. Population in der Schweiz 35 000–40 000 Brutpaare.









09 | Eichelhäher (Garrulus glandarius) Rot-beige Grundfärbung, gestrichelter Scheitel, schwarzer Bartstreif und blaue Flügelbugfedern. Laute, rätschende Rufe, auch bussardähnliche Pfiffe. Lebensraum Wald, Obstgärten, Siedlungen. Population in der Schweiz 60 000–75 000 Brutpaare.










10 | Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes) Grösse wie Eichelhäher, Gefieder braun mit dichter weisser Fleckung. Vogel der Nadelwälder, bevorzugte Nahrung Kiefern und Fichtensamen sowie Haselnüsse, auch Beeren und Obst. Ruft schnarrend und meist wiederholt «krääähh.» Lebensraum Nadelwälder. Population in der Schweiz 20 000–25 000 Brutpaare.




Im Windschatten der Zivilisation finden Saatkrähen genügend Brutmöglichkeiten und Nahrung.



Lautstarke Kommunikation Faktisch erweist sich auch das menschliche Lärmempfinden als subjektiv. So haben Lärmmessungen bei grösseren Saatkrähenkolonien Werte von 60 bis 75 dB ergeben. Zum Vergleich: Autoverkehr beträgt 80 bis 90 dB. Schallpegelmessungen in der Stadt Bern haben gezeigt, dass die Werte von Saatkrähenrufen deutlich unter denen des Verkehrslärms liegen. Geräusche von Personen- und Lastwagen, Bussen, Trams, Eisenbahnen und Kirchenglocken gibt es in unterschiedlichster Intensität sogar rund um die Uhr. «Das Krächzen der Saatkrähen hingegen ist auf den Tag beschränkt, mit den stärksten Lautäusserungen in den frühen Morgenstunden und am Abend», erklärt Livio Rey. Das könne durchaus störend wirken, räumt er ein. Auf einem anderen Blatt steht, in welchem Ausmass der Mensch für die Tiere störend einwirkt – man denke nur etwa an die Lichtverschmutzung.


Zudem: Was können diese Singvögel (ja, Rabenvögel sind Singvögel!) dafür, dass sie nicht zu den wohlklingenden Sängern gehören? Ihre Begabung ist eben kommunikativer Art: Saatkrähen verfügen über eine bewundernswerte Palette an Lautäusserungen. So wird heiser gekrächzt, gegluckst, begrüsst oder lautstark gewarnt in den Kolonien. «Krah» ist eben nicht gleich «Krah»! Je nachdem, ob es beim rituellen Verbeugen sich begrüssender Partner eingesetzt wird oder in aggressiven Situationen, wo es zum deutlich länger und höheren «Krääääh» mutiert. Charmant ist das besonders im Frühjahr in die längeren Krächzlaute eingebettete leise, gurrende «Schwätzen». Auch Jungvögel und Nestlinge rufen sehr laut und quietschend. Schliesslich haben sie grossen Hunger, was sie mit durchdringenden «Rrrahs» kundtun. Nimmt man sich die Zeit, die Saatkrähen zu beobachten, findet man sich wieder in einem belebten «Dorf» mit regem Austausch. Wer dem Treiben einer Kolonie länger zuschaut, wird bald staunen über die akrobatischen Flugspiele, die Vielzahl der Laute, vor allem aber über die berührende Fürsorge und ein faszinierendes Miteinander.


Einer für alle Ende Juni sind die letzten Jungvögel flügge. Sie verlassen ihre Brutbäume und streifen mit den Altvögeln zur Nahrungssuche umher. Manchmal schliessen sich ihnen auch andere Arten an, etwa Rabenkrähen oder Dohlen, ganz nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stark! Saatkrähen leben in Dauerehe, bleiben aber gleichzeitig stets in Schwärmen. In diesen brüten sie, suchen zusammen Nahrung und abends beziehen sie den gemeinschaftlichen Schlafplatz. «So sind Saatkrähen nie wirklich alleine, haben kein echtes Revier und sind höchst sozial. Eine Strategie mit Vor- und Nachteilen», erläutert Rey: «Zwar sind sie so gegen Angreifer besser geschützt, doch können sich Krankheiten durch das nahe Beisammensein leichter ausbreiten. Zudem ist der Platz begrenzt.»

Tagsüber verlassen Saatkrähen die Stadt und suchen die Landwirtschaftsgebiete bis zirka zehn Kilometer ausserhalb der Agglomerationen auf. «So geniessen sie am Tag die Vorteile des Landlebens, sammeln Früchte, Samen, Engerlinge, Würmer, Wühlmäuse und ähnliches, während sie nachts wieder den Schutz und die Wärme der Stadt suchen, wo auch ihre Feinde deutlich weniger häufig sind, etwa Greifvögel.» Vom Menschen halten sich die vorsichtigen Saatkrähen eher fern. Ganz im Gegensatz zur Rabenkrähe.


Geschützt und gejagt Als 1963 erstmals ein Saatkrähenpaar in der Schweiz brütete, freute man sich. Die Anzahl Paare nahm zwar kontinuierlich zu, jedoch langsam. Trotzdem wurden sie bejagt. Erst 1986 setzte man die Art auf die Rote Liste der gefährdeten Vogelarten und ihr Abschuss wurde verboten. Der Bestand nahm in der Folge deutlich zu, sodass Saatkrähen 2010 neu als «nicht gefährdet» eingestuft und mit der Änderung der Jagdverordnung 2012 wieder zur jagdbaren Art erklärt wurden. Während der Schonzeit vom 16. Februar bis zum 31. Juli ist das Jagen sowie Zerstören der Nester, Eier und Jungvögel nach wie vor verboten. Heute brüten schätzungsweise 5800 bis 7300 Paare in der Schweiz. Zum Vergleich: Von der Rabenkrähe gibt es rund 80 000 bis 120 000 Paare.


Die Kolonien der Saatkrähen bevorzugen Alleen und Parkanlagen. Nester werden gern auf Platanen, aber auch auf Eschen, Robinien, Buchen, Ahornen etc. errichtet. Allfällige Vertreibungsversuche, wie sie immer wieder durchgeführt werden, durchschauen die schlauen Vögel meist schnell. Das macht es schwierig, sie zu vertreiben. Patentrezepte gibt es sowieso nicht, denn jede Kolonie spricht auf andere Methoden besser an. Meist bewirkt menschliches Eingreifen deshalb wenig, und eine Kolonie wächst rasch wieder zu alter Grösse heran. «Die Ausbreitung der Saatkrähe in der Schweiz verlief sehr dynamisch», sagt Rey: «Einzelne Kolonien blieben über Jahre klein oder wurden schon im ersten oder nach wenigen Jahren aufgegeben, andere wiederum wuchsen stark an.»


Neben Vertreibungsversuchen wird immer wieder eine Regulation der Population gefordert. Der Abschuss setzt aber natürliche Regulationsmechanismen ausser Kraft, die eine unbegrenzte Zunahme der Bestände einschränken: Wenn die Bestandsdichte zu hoch ist, treten natürlicherweise vermehrt Nichtbrüter auf. Das stört die Brutpaare bei der Jungenaufzucht erheblich und schmälert auch den Bruterfolg. Zudem nehmen Aggressionen zwischen benachbarten Brutpaaren zu und in der Folge nimmt die Siedlungsdichte ab. Es ist die Regel, dass sich die Natur selbst reguliert, wenn der Mensch nicht reinpfuscht. Bei den Saatkrähen ist es nicht anders.


Warum also nicht akzeptieren, dass diese Vögel als Kulturfolger Spiegel der menschlichen Expansion sind? Wäre es nicht sinnvoller, generell die Biodiversität zu fördern, statt Arten zu dezimieren? Als anpassungsfähige Vögel kommen Rabenvögel auch gut in monotonen Landschaften zurecht. Wollen wir in unserer Umgebung auch anspruchsvollere Vögel, können wir sie mit einheimischen Sträuchern, Bäumen, unversiegelten Flächen und Blumenwiesen fördern. Dann können wir uns an einem vielstimmigen Vogelkonzert erfreuen und gleichzeitig den Krähen bei ihrem täglichen Treiben zuhören – mehr Lebensqualität für alle Beteiligten.

Aktualisiert: 3. Sept. 2021

Kategorie: Natur


Paracetamol, Acetylsalicylsäure, Ibuprofen oder Diclofenac – von Schmerzen geplagt, greift man gerne in die chemische Hausapotheke. Doch es geht auch anders: Heilpflanzen wie die Weidenrinde, der Beinwell oder Arnika lindern Schmerzen ebenso, und zwar ohne Nebenwirkungen.

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Aua!», schreit das Kind und rennt weinend zur Mutter. Schmerzen sind unangenehm – trotzdem sollten wir sie nicht als unseren Feind betrachten. Wie wir es im Kindesalter lernen, haben sie eine wichtige Alarm- und Schutzfunktion: Das Kind wird durch seine ersten Schmerzerfahrungen den Finger nie wieder in die Flamme einer Kerze halten oder unbedacht eine Brennnessel rausreissen.

Im Verlauf unseres Lebens werden die meisten aber von weitaus schwereren Leiden geplagt, die sehr starke Schmerzen auslösen können. «Nimm doch e Tablette», ist oft der gut gemeinte Rat. Und ehrlich gesagt sind «Painkillers» (das englische Wort bringt es auf den Punkt) aufgrund der effektiven und schnellen Wirkung bequem: Der Schmerz ist innert Kürze weg und das Leben geht weiter.

Der bekannte Molekularmediziner Ulrich Strunz sieht das anders: «Das Leben geht nicht einfach weiter; es gerät aus dem Takt», schreibt er in «Neue Wege der Heilung – Gesundheit geschieht von innen» und erklärt, dass jede Pille den Molekülhaushalt (den Haushalt unserer «Lebensbausteine») verändert.

Auch der kürzlich verstorbene Arzt und Homöopath Norbert Ender gab zu bedenken, dass Schmerzen nichts anderes als die Vorbedingung zur Heilung sind. Er riet, den Schmerz zu erlauben, damit er für unser geistiges Auge einsehbar wird: Drückender, stechender, brennender, hämmernder, krampfender, bohrender Schmerz – seinen Code zu knacken ist nicht einfach, um sich von ihm zu befreien jedoch essenziell. «Das sollten wir uns vor Augen führen, wenn wir sie mit chemischen Mitteln bekämpfen wollen», so Strunz in seinem Homöopathie-Handbuch.

Die Schattenseiten der Chemie Die beiden Ärzte wissen, wovon sie sprechen. Erstens wird der Schmerz mit chemischen Mitteln lediglich weggedrückt, aber die Ursache nicht eruiert. Zweitens können sie der Gesundheit schaden: Viele Menschen schlucken jahrelang unbedacht Ibuprofen. Damit riskieren sie nicht nur Magen- und Darmblutungen sowie Nierenschäden; sie haben auch ein erhöhtes Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Männer können auch unfruchtbar werden. Und während in den USA jährlich rund 400 000 Menschen am Schmerzmittel und Opioid Oxycontin (Oxycodon) sterben und Voltaren (Diclofenac) Leberversagen verursachen kann, gehören Überdosierungen mit Paracetamol in Deutschland zu den häufigsten Medikamenten-Vergiftungen. Schlimmer noch: Das frei verkäufliche Schmerzmittel Acetylsalicylsäure, bekannt unter dem Namen Aspirin (ASS), führt laut einer Studie von Wissenschaftlern der Universität Oxford jährlich zu 3000 Todesfällen in Grossbritannien. Schuld sind Mangelblutungen, die für ältere Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen tödlich enden.

Hinzu kommt, dass diese Schmerzmittel die Magenschleimhaut reizen, weshalb der Arzt meist den Magenschoner Pantoprazol dazu verschreibt. Dieser stört den sogenannten intrinsic factor, was zur Folge hat, dass das Vitamin B12 im Dünndarm nicht mehr resorbiert werden kann – ein Vitamin-B12-Mangel ist die Folge. Auch nicht gut!

Vitamin E statt Blutverdünner Doch was geschieht im Körper bei der Einnahme von ASS? Strunz erklärt: Das Aspirin-Molekül hemmt ein Enzym, das wiederum unseren Schmerz auslösenden Gewebehormonen (Prostaglandine) «den Wind aus den Segeln nimmt». Von diesen Gewebehormonen gibt es drei Gruppen: Zwei drücken die Schmerzwahrnehmung, die Dritte – Strunz nennt sie Alarmgruppe – verstärkt den Schmerz. Aspirin wirkt auf alle drei Gruppen; vorwiegend jedoch auf die Alarmgruppe. Wird diese gedämpft, verringert sich das Schmerzempfinden und das Blut wird dünner, was bei vielen Patienten durchaus erwünscht ist. Nebenwirkungen wie Geschwüre und Blutungen im Magen sowie Asthma-Anfälle und Atemprobleme sind es jedoch nicht.

Strunz hat andere Lösungen: Bei Migräne etwa ist Magnesium sein Mittel erster Wahl und zum Spannungsabbau notfalls die Aminosäure Tryptophan. Zudem kann ASS, das häufig als Blutverdünner eingesetzt wird, mit Vitamin E ersetzt werden. Es reduziert die Verklumpung der Blutplättchen ebenso, ganz ohne Nebenwirkungen.

Aspirin aus der Natur ASS kommt auch in der Natur vor. So gehört die Weidenrinde – die «Mutter des Aspirins» – zu den ältesten Heilmitteln der Welt. Schon Hippokrates riet gebärenden Frauen, Weidenrinde gegen Wehenschmerzen zu kauen. 1828 wurde der Wirkstoff im Weidenrindenextrakt erstmals unter dem Namen Salicin chemisch isoliert. Die Leber setzt diesen zu Salicylsäure um, die ihre fiebersenkende, entzündungshemmende und blutverdünnende Wirkung im Körper entfaltet. Die salicinhaltige Weidenrinde, das Aspirin aus der Natur, findet auch heute noch Anwendung: Sie wird innerlich entweder als Trockenextrakt (Assalix) oder als Teezubereitung bei rheumatischen Beschwerden, Kopfschmerzen und Arthrose angewendet.

Ebenso eine Verbindung zu Aspirin hat die salicinreiche Pflanze Mädesüss, auch Wiesenkönigin genannt, die häufig an Bachläufen zu finden ist und früher als Spirea oder Spierstaude bekannt war. Einst diente sie auch als Süssungsmittel für Met. Heute werden die Blüten und das Kraut als Tee bei Kopfschmerzen eingesetzt. Wichtig: Wer empfindlich auf Salicylate reagiert, sollte auch bei pflanzlichen Mitteln vorsichtig sein, die diese Stoffgruppe enthalten, also Salze und Ester der Salicylsäure.

Alternativ helfen bei Kopfschmerzen auch Pfefferminzöl (äusserlich anwenden, es hat eine lokal anästhesierende Wirkung) und Extrakte der Afrikanischen Teufelskralle (innerlich). Mittel der ersten Wahl bei Migräne sind Pestwurzelstock-Extrakte sowie das Mutterkraut: Laut klinischen Studien verringert sich die Anzahl und Intensität von Migräneanfällen nach einer viermonatigen Behandlung mit Mutterkraut signifikant. Nebst der (vor allem hormonell bedingten) Migräne wird es auch bei Arthritis angewendet – entweder als Tee, Tinktur oder als Fertigpräparat (Partenelle).

Heublumen lindern Arthroseschmerzen Arthrosen (degenerative Gelenkerkrankungen) sind nicht nur Probleme des Alters; sie können auch nach Unfällen oder jahrelangen Fehlbelastungen auftreten. Oft sind sie sehr schmerzhaft. Wegen der Nebenwirkungen von Antirheumatikum (NSAR) bieten Phytopharmaka eine gut verträgliche Therapiealternative. Empfehlenswert ist die äusserliche Anwendung mit Salben oder Cremes zum Beispiel mit Beinwellwurzelextrakt (Kytta-Salbe). Aber auch wärmende Pflaster mit Capsiacin (Cayennepfeffer), Breiumschläge aus Samen vom Weissen Senf oder ein Heublumensack lindern die Schmerzen bei nichtentzündlichen rheumatischen Beschwerden. Und so gehts: Der Heublumensack wird in einem Siebaufsatz über dem Dampf in der Pfanne erwärmt und mit einem Flanelltuch auf der ausgewählten Stelle fixiert. Durch die Erwärmung entfalten sich die Wirkstoffe der Heublumen (z. B. Cumarin), die schmerzstillend und krampflösend wirken.

Innerlich können nebst der erwähnten Weidenrinde und Teufelskralle auch das schmerzstillende Kombi-Präparat Phytodolor aus Extrakten von Pappelrinde und -blättern, Echtem Goldrutenkraut und Eschenrinde angewendet werden. Hochwirksam ist auch der Frischpflanzensaft der Brennnessel: Er ist harntreibend, regt den Stoffwechsel an und wirkt entzündungshemmend.

Die Königin der Berge Nebst den erwähnten schmerzstillenden Pflanzen gehört der Indische Weihrauch in Form eines standardisierten Fertigarzneimittels zur ersten Wahl bei Arthritis (entzündlichrheumatische Gelenkerkrankung). Äusserlich eignen sich Cremes mit Beinwell oder Campher sowie kalte Kompressen oder Wickel mit Quark, Lehm, Beinwell- oder Arnikatinktur.

Die Arnika ist, sagte Sebastian Kneipp, nicht mit Gold zu bezahlen. Sie ist «die» Pflanze bei rheumatischen Beschwerden und kann wahre Wunder bewirken; innerlich und äusserlich angewendet. Damit es nicht zu starken Hautirritationen kommt, muss die Tinktur bei Auflagen um das Zehnfache verdünnt werden! Interessant: In einer Doppelblindstudie bei 204 Patienten mit Osteoarthritis gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen dem arnikahaltigen A. Vogel Rheuma-Gel und Ibuprofen. Arnika hilft auch bei Insektenstichen (Tinktur direkt auf den Stich geben) sowie bei Sportverletzungen, Prellungen und Blutergüssen (Salben oder Globuli).

Arnika gehört also in jede Hausapotheke, genauso wie Fenchelsamen, Kamille oder Ingwer – die treuen Begleiter bei kleineren Blessuren und Wehwehchen (s. Box).

Entscheidend: Lebensstil und Ernährung Ein wichtiger Bestandteil für einen schmerzfreien Alltag ist auch die Ernährung. Die drei Gruppen unserer Gewebehormone sind eng mit dem Fettstoffwechsel verbunden. Eine Störung oder ein Mangel an Omega-3-Fettsäuren hat zur Folge, dass die «Anti-Alarmgruppe» fehlt – und dann geht es los mit dem Schmerz. Konkret: Omega-3-Fettsäuren wirken entzündungshemmend. Sie reduzieren die Arachidonsäure (eine reichlich in Sonnenblumenöl und Schweinefleisch enthaltene Fettsäure), die entzündliche Prozesse im Körper begünstigt.

Weiter kann eine Übersäuerung des Körpers Schmerzen auslösen oder verstärken. Insbesondere rotes Fleisch, verarbeitetes Getreide und Zucker führen nach der Verdauung zur Bildung von sauren Substanzen. Ein wunderbarer Säurebinder ist die Zitrone. Ihre organischen Säuren verwandeln sich beim Kontakt mit Verdauungssäften in alkalisierende Substanzen. Jede Menge entzündungshemmender Stoffe enthält die Ananas oder der Kohl und viele Heilpflanzen wie Ingwer, Salbei, Schafgarbe und Thymian.

Und last but not least: Negative Gefühle und Stress wirken sich erheblich auf das Schmerzempfinden aus. Schliesslich ist es ja das Nervensystem, das die Schmerzsignale weiterleitet. Atemübungen und Entspannungsmethoden helfen deshalb dabei, Schmerzen zu reduzieren – ebenso ohne unerwünschte Nebenwirkungen.


Heilpflanzen und Indikationen Kräuter/Pflanze Gut für. . .


Aloe vera Verbrennungen, Sonnenbrände Arnika Schwere und müde Beine, Rheuma Basilikum Blähungen, Mundgeschwüre (Aphten) Chilli Gelenk- und Muskelschmerzen Estragon Menstruationsschmerzen, Blähungen Eukalyptus Ohrenschmerzen, Nebenhöhlenschmerzen Fenchel Flatulenz, Osteoarthritis Gewürznelke Zahnschmerzen Ginkgo Hämorrhoiden Heldenkraut (Erika) Rückenschmerzen Ingwer Flatulenz, Übelkeit Johanniskraut Ohrenschmerzen Kastanienrinde schwere Beine Kohl schmerzende Brüste Kreuzkümmel Flatulenz Kümmel Flatulenz Kurkuma Gastritis Süssholzwurzel Gastritis Lavendel steifer Nacken, Verbrennungen, Sonnenbrand (Lavendel-Aspik-Öl) Lorbeer Mundgeschwüre (Aphten) Mädesüss Kopfschmerzen, rheumatische Schmerzen Majoran Koliken, Bauchkrämpfe Mastix Hämorrhoiden Mönchspfeffer schmerzende Brüste Mutterkraut Migräne, Kopf- und Menstruationsschmerzen Pfefferminze Kopf- und Nebenhöhlenschmerzen, Gingivitis, rheumatische Schmerzen Pflaume Mundgeschwüre (Aphten) Phytolacca (Kermesbeere) Halsschmerzen Rosmarin Muskelkater und -schmerzen, steifer Nacken, Rückenschmerzen Schwarztee Koliken, Bauchkrämpfe Steinklee schwere Beine Strohblume Prellungen und Blutergüsse; Verstauchungen Teufelskralle rheumatische Schmerzen Thymian Zahnschmerzen, Nebenhöhlen- und Halsschmerzen Weidenrinde Tendinitis (Sehnenscheidenentzündung), Kopfschmerzen Wintergrün Tendinitis, rheumatische Schmerzen Zitrone Mundgeschwüre, grosse Gelenke, Prellungen und Blutergüsse, Sodbrennen Zitronenverbene Sodbrennen Zwiebel Ohren- und Gelenkschmerzen. Quelle: «Natürliche Schmerzmittel» (siehe Buchtipp)

Buchtipp Yann Rougier, Marie Borrel «Natürliche Schmerzmittel», Bassermann 2019, ca. Fr. 15.–

Aktualisiert: 3. Sept. 2021

Kategorie: Natur


Im Sommer sprüht das Leben. Wärme und Licht im Überfluss lassen die Pflanzen üppig gedeihen. Und der Mensch geniesst die längsten Tage des Jahres, am liebsten mit Freunden an einem See oder Fluss. Lasst uns das Leben feiern!



❜(...) Sommer muss es sein. Wo alles drängt und sich bereitet Auf einen goldnen Erntetag, Wo jede Frucht sich schwellt und weitet Und schenkt, was Süsses in ihr lag. ❛ Gustav Falke (1853–1916)











Seit jeher spielt der Tag der Sommersonnenwende (21. Juni) eine wichtige Rolle für weltliche und religiöse Feierlichkeiten, die Mittsommerfeste. Vor allem in den nordischen, baltischen, slawischen und keltischen Religionen hatten die Sonnenwendfeste einen festen Platz. Auch heute findet noch jedes Jahr in Stonehenge (Südengland) bei der Kultstätte, dem berühmten Steinkreis, die grösste Sommersonnenwendfeier Europas statt.

Im heidnischen Mitteleuropa war die Sonnenwende den Kelten und Germanen ein Höhepunkt im Jahreslauf. Zu Ehren der Fruchtbarkeit zelebrierten sie grosse Feste. Die Sonnenwende, glaubten sie, markierte den Übergang zwischen den Welten, in der sowohl die Götter, als auch die Naturgeister mit den Menschen in Kontakt treten konnten. Mit der Christianisierung Europas versuchten die Missionare, das keltische Fest der Sommersonnenwende in den christlichen Jahreskreis zu integrieren. So wurde der 24. Juni Johannes dem Täufer geweiht. Auf diese Art fanden zahlreiche keltische und auch germanische Bräuche Eingang in die christliche Tradition, wie etwa der Tanz um den Maibaum (Walpurgisfest in der Nacht auf den 1. Mai) oder um das Johannisfeuer (Johannisfeuerfest in der Nacht auf den 24. Juni). Das Johannisfeuer wird auch als Sonnenfeuer oder Sonnwendfeuer bezeichnet. Das Feuer wird meist in der Nacht vor dem Johannistag angezündet. Man kennt den Brauch auch noch bei uns im alemannischen Raum. In den skandinavischen Ländern, wo es im Sommer in der Nacht gar nicht mehr dunkel wird, werden diese Bräuche noch intensiver gelebt. So zählt «Midsommar» in Schweden neben Weihnachten zu den wichtigsten Familienfesten des Jahres.













Bei uns werden eher am 1. August, dem Nationalfeiertag, auf den Berggipfel und Anhöhen über den Dörfern grosse Feuer entzündet. Diese «Höhenfeuer» dienten ursprünglich der militärischen Nachrichtenübermittlung. Danach wurden die Feuer als Symbol der Zusammengehörigkeit und des gegenseitigen Beistandes auch weiterhin auf den Bergen und Hügeln am Nationalfeiertag angezündet – bis heute. Eine andere Theorie besagt, dass die Höhenfeuer an die brennenden Burgen nach der Befreiung aus der Knechtschaft erinnern. In der Tradition der Mittsommerfeste sollten die Feuer zur Abwehr der bösen Geister dienen.











Die Energie ist hoch Der Sommer strotzt in jeder Hinsicht vor Energie. Während dieser Zeit strahlt die Sonne am wärmsten, was sich in der Natur in mannigfacher Vielfalt zeigt. Ein üppiges Pflanzenwachstum, auch im eigenen Garten: was für eine reiche Vielfalt! Auch die Wetteraktivitäten sind in dieser Jahreszeit extrem variabel. Nach einem Hitzetag kann ein Gewitter mit Blitz, Donner und Hagel aufziehen und grossen Schaden anrichten, etwa in der Landwirtschaft.

Der Sommer ist also auch mit zwiespältigen Gefühlen verbunden. Landwirte dürfen sich bei gutem Wetter über eine reiche Ernte freuen – und die Konsumenten über frisches Obst und Gemüse von hier. Allerdings droht, latent im Hintergrund, immer auch die Gefahr, dass durch ein Hagelunwetter die Ernte binnen Minuten zerstört wird. Ausserdem ist die Sommersonne für die Landwirtschaft nur vorteilhaft, wenn auch genug Regen fällt, der die Felder bewässert. Eine gnadenlos sengende Sommersonne lässt die Felder verdorren und den Grundwasserspiegel senken. Umgekehrt kann ein Gewitter mit Platzregen zu viel Wasser bringen und die Felder überschwemmen.




«Juhannus», das heidnische Finnen-Fest Frühere Völker waren noch weitaus mehr vom Wetter abhängig. Eine Missernte hatte in der damaligen Zeit häufig eine Hungersnot zur Folge. Deshalb wurde an den Sonnenwendfesten auch für eine gute Ernte gebeten, die vor Gefahren geschützt werden soll. Etwa bei den Samen.

Die Finnen feiern heute noch das Mittsommerfest «Juhannus» am Samstag zwischen dem 20. und dem 26. Juni. Ursprünglich handelt es sich um ein heidnisches Fest mit Zeremonien für Licht und Fruchtbarkeit in den nordischen und baltischen Ländern. Trotz des christlich anmutenden Namens sind sowohl die Ursprünge als auch die bis heute gültigen Traditionen nicht auf das Christentum zurückzuführen. Es sind viel ältere Überlieferungen. Juhannus wurde früher zu Ehren des finnischen Hauptgottes «Ukko» gefeiert, der für das Wetter, die Ernte und den Donner zuständig war. Nach der damaligen Vorstellung entstanden die Blitze, wenn er mit seinem Wagen über den steinernen Himmelsweg fuhr, sodass die Funken sprühten. Noch heute werden die Feuer zum Mittsommerfest in Finnland «ukko-kokko» genannt, was so viel wie «Ukko-Johannisfeuer» bedeutet. Während des Juhannus sind am Seeufer viele Feuer auf allen Seiten der Gewässer zu sehen. Und der Name für Gewitter oder Donner lautet «ukkonen».

Lärmen und Trinken waren nicht nur bei den Samen ein wichtiger Bestandteil dieser Feierlichkeiten, denn die Menschen waren überzeugt davon, dass dies Glück bringt und die bösen Geister vertreibt. Nach altem Volksglauben fiel die Ernte umso besser aus, je mehr man an Juhannus trank. Doch das exzessive Trinken von Alkohol fordert ihren Tribut – jedes Jahr sterben in Finnland in der Mittsommernacht bis zu 20 Menschen bei meist alkoholbedingten Unfällen im Strassen- und Wasserverkehr.


Fit durch den Sommer In der hellen und warmen Sommerzeit sind wir gerne draussen – wenn es nicht zu heiss und «tüppig» ist. Joggen, Radfahren, Wandern, Klettern, Schwimmen, Federball, Boccia – die Palette an Aktivitätsmöglichkeiten ist wohl nie grösser als im Sommer. Wo man draussen lebt, manche fast rund um die Uhr. Allerdings sind für anstrengende Aktivitäten um die Mittagszeit die Temperaturen zu hoch. Man darf das nicht unterschätzen: Tage mit grosser Hitze und grosser Luftfeuchtigkeit können den Kreislauf stark belasten. Denn die hohe Feuchtigkeit in der Luft reduziert unser Schwitzvermögen und damit auch die Abkühlung des Körpers. Das kann zu einem Hitzestau und im schlimmsten Falle sogar zu einem Hitzschlag führen. Deshalb sollten Höchstleistungen an schwülen Tagen wenn immer möglich vermieden werden!

Das wichtigste bei den heissen Temperaturen ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. So können problemlos bis zu drei Liter am Tag, bei sportlichen Aktivitäten auch mehr, getrunken werden. Am besten eignen sich Wasser, ungesüsster Tee oder verdünnter Saft. Ein Mangel an Flüssigkeit kann körperliche Beschwerden wie z. B. Konzentrationsstörungen, Übelkeit, Schwindel oder Kopfschmerz hervorrufen. In schlimmeren Fällen können sogar HerzKreislauf-Probleme auftreten.

Am Mittag sollte man den Schatten oder die Kühle des Hauses suchen. Sich besonnen sonnen ist gesund, nicht brutzeln! Längere Aufenthalte im Freien sollten vor allem am Morgen oder Abend stattfinden. Anstrengende Gartenarbeit oder Sport sowieso. Wichtig ist, immer wieder Schattenplätze oder gekühlte Räume aufzusuchen oder eine kurze (Garten-)Dusche zu nehmen, um sich abzukühlen. Eine leichte, helle Bekleidung lässt zudem die Hitze leichter ertragen. Auf schwer verdauliche Kost sollte man eher verzichten, sie belastet den Körper in der Hitze des Sommers besonders stark. Salate, Gemüse und Obst sind angesagt – all das, was die sommerliche Ernte so hergibt.

Wann fängt der Sommer an?








Dieses Jahr beginnt der Sommer am 21. Juni um 5.32 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt erreicht die Sonne den nördlichsten Punkt ihrer scheinbaren Bahn – den Punkt der Sommersonnenwende. Am nördlichen Wendekreis steht die Sonne an diesem Tag am Mittag senkrecht am Himmel; am Äquator erreicht sie den niedrigsten Stand von 66,5 Grad. Der 21. Juni ist bei uns der längste Tag des Jahres, und die Sonne erreicht am Mittag die maximale Höhe des Jahres von 66 Grad. Während der Tag bei uns etwa 16 Stunden dauert, wird der Tag in Richtung Norden immer länger; im Gebiet des nördlichen Polarkreises bis zum Nordpol geht die Sonne gar nicht mehr unter (Mitternachtssonne), während sie im Gebiet des südlichen Polarkreises bis zum Südpol gar nicht mehr aufgeht: Am Südpol herrscht Polarnacht. Derweil steht die Sonne am Nordpol 23,5 Grad über dem Horizont, wo sie parallel zu diesem ihre Bahn zieht, also nicht auf- oder untergeht. Die Umlaufbahn der Erde um die Sonne ist leicht elliptisch. Deshalb sind die vier Jahreszeiten nicht gleich lang. Da sich die Erde jeweils Anfang Juli am entferntesten Punkt von der Sonne befindet, umkreist sie diese an dieser Stelle am langsamsten. Anfang Januar ist die Erde am sonnennächsten Punkt und wandert am schnellsten um die Sonne. Infolge der unterschiedlichen Bahngeschwindigkeiten der Erde ist das Winterhalbjahr der Nordhalbkugel etwas kürzer – 179 Tage – als das Sommerhalbjahr mit 186 Tagen.


Fotos: getty-images.com , andreas walker

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