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Kategorie: Gesundheit


Winterblues? Da hilft eines: Licht. Was kann man sonst noch selbst tun?



Damit wir besser durch die dunkle Jahreszeit kommen, sollten wir viel Sonne tanken: Regelmässige Spaziergänge am Morgen oder in der Mittagszeit, auch bei bedecktem Himmel, sowie jeglicher Sport im Freien sind die besten Möglichkeiten – und erst noch gratis. Die Lichtintensitäten draussen sind hundert- bis tausendfach höher als drinnen. Hilfreich ist es auch, mehr Licht in die Innenräume zu bringen. Man kann den Lichteinfall durch die Fenster verbessern und zusätzliche Lampen einschalten, obwohl die normale Beleuchtung mit nur 200 Lux nicht für eine Therapie ausreicht.


Der Kauf einer Lichttherapielampe mit 10 000 Lux kann unter Umständen sinnvoll sein. Bei der Diagnose SAD beteiligt sich die Grundversicherung der Krankenkassen an den Kosten für eine Therapielampe und auch an den Kosten für eine UV-Lichttherapie. Wer vermutet, an einer Winterdepression zu leiden, sollte sich in einer Lichttherapie-Sprechstunde in einer Psychiatrischen Poliklinik beraten lassen. So können auch gleich andere Krankheiten ausgeschlossen und allfällige Risiken wie Augenkrankheiten erkannt werden. Es wird ausserdem geklärt, ob die Patienten Medikamente einnehmen, welche die Wirkung von Licht verstärken oder verhindern.


Links

Informationen zur Lichttherapie sowie Fragebogen zur individuellen Berechnung der Idealzeit für eine Lichttherapie: www.cert.org Wissenschaftliche Informationen zu biologischen Rhythmen, Lichttherapie und Einfluss von Licht auf die innere Uhr: www.chronobiology.ch


UV-Lichttherapie in einem britischen Kinderkrankenhaus zur Vorbeugung von Rachitis (um 1938).


Kategorie: Gesundheit


Im Vokabular der Spiritualität nimmt der Begriff Erleuchtung einen prominenten Platz ein. Er steht für das Überwinden des Egos und eine Verschmelzung mit dem Göttlichen. Oft sind wir der Erleuchtung näher, als wir denken.




Kein Blitz. Kein helles Licht. Keine göttliche Erscheinung. Viele Menschen haben laut Hans-Walter Hoppensack, ehemaliger reformierter Pfarrer in Mollis (GL) und Zen-Lehrer am Lassalle-Haus in Edlibach (ZG), falsche Vorstellungen von der Erleuchtung. «Sie glauben, dass man wie aus dem heiteren Himmel erleuchtet wird und danach allwissend ist.» Doch dem sei nicht so. Vielmehr zeige sich die Erleuchtung als ein längerer Prozess mit diversen Erleuchtungserfahrungen im Leben eines Menschen – ein Prozess, der sich nur bedingt steuern lässt.

Bei Hans-Walter Hoppensack passierte es während einer Zen-Meditation. «Plötzlich erkennt man die Dinge, die uns umgeben und prägen, von einer anderen Seite. Mir wurde bewusst, wie alles zusammengehört, alles eins ist und aus der gleichen Quelle stammt. Das Eine begegnet sich selbst im Andern.» Der 63-jährige Schüler des Jesuiten und Zen-Meisters Niklaus Brantschen vom Lassalle-Haus interessierte sich schon seit Jahren für die mystische Gotteserfahrung. Weil die evangelisch-reformierte Kirche dazu keine Antworten geben konnte, entschied er sich, den Weg des Zen zu gehen und diesen zusammen mit dem christlichen Glauben zu leben.

Seit etwas mehr als 15 Jahren praktiziert Kelsang Chogdrub den buddhistischen Glauben. Seit zehn Jahren wirkt er als buddhistischer Mönch. Zuerst in Holland, wo der heute 38-Jährige aufgewachsen ist. Seit eineinhalb Jahren lebt er in der Schweiz und lehrt am Kadampa Meditationszentrum in Zürich. Im traditionellen orangen Gewand gekleidet, empfängt er uns im Meditationszentrum und führt uns in den grosszügigen Gebetsraum, wo täglich meditiert und gebetet wird; auch Vorträge über den Buddhismus und die Erleuchtung werden hier gehalten. Auch Kelsang Chogdrub versteht diese als Prozess: als Entwicklung, die man als Mensch Schritt für Schritt geht – wie bei einer Bergwanderung, wo der Gipfel zunächst vielleicht noch unerreichbar weit entfernt scheint, mit jedem Schritt aber näher und näher kommt. «Ist man auf dem Weg zur Erleuchtung», sagt er, «fühlt es sich an wie eine Befreiung von inneren Zwängen, negativen Gedanken und Gefühlen.»


Pilgerfahrt des Ego-Bewusstseins

Es gibt verschiedene Definitionen und Erklärungsmodelle rund um das Phänomen der Erleuchtung. Die einen sehen darin einen Zustand der Seele, die mit der Erleuchtung nicht mehr von anderen Lebewesen wie auch vom Universum und der alles beinhaltenden Leere – dem Nirvana – als getrennt erfahren wird. Häufig wird dabei auch von der Verschmelzung mit der einen Wirklichkeit gesprochen, die keine Abgrenzung geschweige denn Isolierung mehr zulässt. Es ist ein Bewusstsein des All-Eins-Seins. Diese Erkenntnis der Einheit aller Dinge zieht sich wie ein roter Faden durch alle spirituellen und mystischen Lehren der Welt: Ein wesentliches Merkmal der Erleuchtung wird darin gesehen, dass man sich selbst in allen Dingen, und alle Dinge in sich selbst erkennt.

«Erleuchtung» kann auch verstanden werden als die Vervollkommnung des Menschen im Gottes-bewusstsein. Somit erfüllt sich die Sehnsucht und Absicht unserer Seele, zu uns selbst heimzukehren. Auf der metaphorischen Ebene kann die Erleuchtung als letzter Schritt auf einer Pilgerfahrt des Ego--Bewusstseins bezeichnet werden. Sinn ist es, jeden Moment dieser Reise bis zum letzten Augenblick zu erfahren.



Der Weg des Zen

«« Den Weg der Erleuchtung kennenlernen und meistern heisst, sein wahres Selbst kennenlernen und meistern. Sein wahres Selbst kennenlernen und meistern heisst, sich selbst vergessen. Sich selbst vergessen heisst, mit dem ganzen Universum eins sein.

Dogen Zenji, 1200–1253, einflussreicher Lehrer des Zen-Buddhismus


Der buddhistische Mönch Kelsang Chogdrub sieht in der Erleuchtung eine Art Befreiung des Menschen von seinem Leiden, das sich in Form von negativen Mustern wie Ignoranz, Egoismus, Verblendung usw. manifestiere. Für Hans-Walter Hoppensack steht «Erleuchtung» für die Erkenntnis, dass auf der Ebene des Wesens «Niemand» da ist, wo wir «Jemanden» vermuten. «Man spricht in der Mystik in diesem Zusammenhang auch vom «Ich-Tod›», ergänzt der Theologe und Zen-Meister.

Der griechische Philosoph Platon beschäftigte sich in seinem sogenannten «siebten Brief» mit dem Begriff Erleuchtung. Erleuchtung entstehe, so Platon, indem man Benennungen, Wahrnehmungen, Erklärungen und Ansichten solange aneinander «reibe», bis Einsicht über das jeweilige Thema aufleuchte. Platon hat diesem Aufleuchten einen «feurigen» Charakter attestiert, bei dem die Seele erhellt werde. Mit dieser Erklärung hat der Schüler Sokrates die religiöse Basis für die Erleuchtung geschaffen.


Den Kopf knacken

Die Hirnforschung spricht bei «Erwachten» von einem Rückfall in eine frühe Stufe kindlicher Naivität. Erwachen gilt als Vorstufe der Erleuchtung. Die grossen indischen Yogis kennen bis zu sieben Stufen, die das Bewusstsein erklimmen kann. Beim Erwachen empfindet sich der oder die Erwachte als reines «Selbst», das zwar in einem physischen Körper lebt, sich jedoch nicht mehr mit diesem identifiziert; ebenso wenig mit dem Verstand oder den Gefühlen, ja nicht einmal mehr mit seinem Namen. In der Psychiatrie nennt man dieses Phänomen Cotard-Syndrom – eine psychische Erkrankung mit schizophrenen Wahnvorstellungen und affektiven Psychosen.

Der deutsch-kanadische Erwachte Eckhart Tolle beschreibt das wache Selbst als einen «Zustand innerer Weite». Diese Weite könne entstehen, wenn Emotionen und Gedankenmaschine still werden. Dann bestehe die Chance für das Selbst, als reines Bewusstsein zu erwachen. Man sei dann ganz in der Wahrnehmung, unabhängig von Gedanken und Emotionen. Dafür mit überwältigenden Gefühlen von Liebe, Freiheit und Entspannung. «Das Ich wird als Konstrukt erkannt», erklärt Hans-Walter Hoppensack. «An und für sich gibt es nur das Eine, Unendliche, Göttliche. Und man nimmt sich selber nicht mehr so wichtig.» Der Zen-Meister gibt jedoch zu bedenken, dass sich der Charakter eines Menschen trotz Erleuchtungserfahrung nicht unbedingt verändert.


 

Anleitung zur Meditation


■ Atem begleiten (mit Zählen der Atemzüge bis 10).

■ Einfach nur still sitzen.

■ Sitzen mit dem Fokus auf der sinnlichen Wahrnehmung von dem, was jetzt ist.

■ Wahrnehmen, was ist, besonders im Moment der Atempause nach dem Ein- resp. Ausatmen.

■ Sitzen mit der Frage: «Wer bin ich in meiner -unmittelbaren Erfahrung ?»

■ Sitzen mit der Frage: «Wer bin ich ohne meine Geschichte ?»


Quelle: Lassalle-Haus



Meditation als Königsweg

Viele Wege führen zur Erleuchtung. Diesen Eindruck hat man jedenfalls angesichts der unzähligen Ratgeber und Berichte zum Thema. Doch nach der Lektüre steht man oft mit mehr offenen Fragen als Antworten da. Auch mit Schweinebraten und Bier, ja mit einem gänzlich unspirituellen Lebenswandel bestehe durchaus die Möglichkeit, erleuchtet zu werden, meint zum Beispiel Tanja Braid in ihrem Blog «Was ist Erleuchtung».

Bekannt sind indes andere Geschichten. Die Bibel etwa berichtet von 40 Tagen, die Jesus in der Wüste verbrachte. Buddha lebte sechs Jahre lang in Askese; und dann wandte er sich der Meditation zu. Der Rückzug in die Einsamkeit, die Meditation und Stille und mitunter auch die Askese – sie gelten als Königsweg zur Erleuchtung. Das kommt nicht von ungefähr: In der Stille begegnet die Seele sich selbst; losgelöst von Gedanken und Einflüssen, die von aussen auf den Menschen einwirken. «Der Erleuchtung ist es egal, wie man sie erlangt», lautet ein Buchtitel. Hans-Walter Hoppensack stimmt dem grundsätzlich zwar zu. «Doch der Weg über die Spiritualität und die Meditation scheint mir ein zuverlässiger Weg zu sein.»

Auch für Kelsang Chogdrub ist die Meditation ein zentraler Akt, um seinen Geist zu schulen. «In der Meditation wird unser Geist mit den Tugenden vertraut, die uns der Erleuchtung näherbringen.» Erleuchtung gehe einher mit der Erlangung des inneren Friedens, betont er. Und dieser wiederum könne nur erreicht werden, wenn der Mensch bereit und motiviert sei, diesen Weg auf sich zu nehmen. «Oft suchen wir die Quellen des Glücks im Aussen. Im Buddhismus sind wir überzeugt, dass wir diese Qualitäten nur in uns selbst finden», sagt der Mönch. Wichtig sei auch, nicht mit falschen Erwartungen in den spirituellen Prozess einzusteigen. Manche Menschen reagierten ungeduldig und enttäuscht, wenn sich eine Erleuchtungserfahrung nicht früh genug bemerkbar mache. Es brauche aber Geduld und Ausdauer.


Näher, als wir denken

«Mit jedem Schritt, den wir auf diesem Weg gehen, kommen wir dem Ziel näher. Doch wir müssen manchmal auch Rückschläge in Kauf nehmen», gibt Kelsang Chogdrub zu bedenken. Manche glaubten, eine Erleuchtungserfahrung sei für sie unerreichbar. «Dabei ist die Erleuchtung meist gar nicht so weit von uns entfernt, wie wir glauben. Durch das konstante Dranbleiben werden wir bei jedem Schritt aufs Neue erleuchtet. Zudem stellen wir fest, wie durch unsere Geduld und das Mitgefühl zu anderen Menschen die negativen Aspekte wie etwa Wut oder Eifersucht aus unserem Geist verschwinden.»

Alles nur ausgedacht? Matthias Pöhm, Rhetorik- und Kommunikationstrainer sowie Autor des Buches «Erleuchtet aber keine Ahnung» äussert sich kritisch – manchmal auch ziemlich populistisch und reisserisch – über Menschen, die sich öffentlich als erleuchtet bezeichnen und eine Anhängerschaft um sich bilden. «Erleuchtete haben dieses eine Erlebnis gehabt, da sind sie echt, aber wenn man deren gepredigte Lehren auf die Waagschale der Substanz legt, dann erkennt man Glaube und nicht Wissen.» Erleuchtung allein führe nicht zur Brillanz, betont Pöhm. Oft würden von selbst ernannten Erleuchteten «Unfug» gelehrt, unanwendbare oder nebulöse Anweisungen verbreitet und Übungen gemacht, die nur Scheinerfolg bringen. Hinzu komme, dass bei den Anhängern von Erleuchteten, die sich prominent in der Öffentlichkeit zeigen, eine Überhöhung stattfinde. «Sie glauben, dass der Guru ein Sprachrohr Gottes ist. Diese Unfehlbarkeitsprojektion der Sucher fühlt sich für den Erleuchteten sagenhaft gut an.» Was sein Ego stärke – nicht gerade ein Zeichen der Erleuchtung. Ausserdem gebe es viele Menschen, die zwar in einem Moment Erleuchtung erleben, dann aber wieder in ihr altes, spaltendes Bewusstsein des Fremdwahrnehmungs-Ichs zurückfallen. «Problematisch wird es, wenn Erleuchtete das Lehren begonnen haben und mittendrin ihren Erleuchtungszustand verlieren. Die meisten halten ihre Schüler darüber im Unklaren und spielen weiter den Erleuchteten», schreibt Pöhm.

Hans-Walter Hoppensack kennt das: «Eine Erleuchtung birgt die Gefahr, grössenwahnsinnig zu werden und abzuheben. Dann wird es zu einer Ego-Geschichte, die nichts mehr mit dem Wesen der Erleuchtung zu tun hat», sagt er. «Echte Erleuchtete umgeben sich nicht mit einer Aura eines Gurus. Vielmehr zeichnen sie sich durch eine gewisse Bescheidenheit aus.» //


Buchtipps


Anssi «Vom Ego zur Erleuchtung» Kamphausen 2019, ca. Fr. 24.–


Alberto Villoldo «Das erleuchtete Gehirn: Mit Schama-nismus und Neurowissenschaft das -Geheimnis gesunder Zellen entdecken» Goldmann 2011, ca. Fr. 22.–


Ulrich Warnke «Quantenphilosophie und Interwelt: Der Zugang zur verborgenen Essenz des menschlichen Wesens» Scorpio 2013, ca. Fr. 20.–


Links


www.lassalle-haus.org

www.kadampa.ch


 

Erleuchtung aus Sicht der Religionen


■ Christentum

Im Christentum geht man laut den Schriften des numi-dischen Kirchenlehrers Augustinus von Hippo (354–430 n. Chr.) davon aus, dass der Mensch nur Wissen erlangen kann, weil Gott ihn erleuchtet. Ohne das Licht Gottes könne der Mensch nichts erkennen. In den katholischen Ostkirchen ist die individuelle Erleuchtung unter den orthodoxen Mönchen ein wichtiges Ziel. Im Neuen Testament werden dem Menschen mit der Erleuchtung Wahrheit, Erkenntnis und Wissen über Zukünftiges durch den Heiligen Geist eingehaucht. Zudem erinnere dieser den «erleuchteten» Menschen an alles, was Jesus gesagt und gelehrt habe. Der Zustand der Erleuchtung wird als Zustand des Eins-Seins mit Gott verstanden. Die Taufe mit dem Wasser als geistige -Geburt soll eine erstmalige kleine Erkenntnis des wahren Selbst symbolisieren.


■ Buddhismus

Im Buddhismus wird Erleuchtung als das innere Licht der Weisheit, das dauerhaft frei von allen fehlerhaften Erscheinungen ist. Das Licht hat die Aufgabe und Funktion, jedem einzelnen Lebewesen jeden Tag geistigen Frieden zu -schenken. Erleuchtung wird erlangt, indem man alle groben wie subtilen Verblendungen (negative Geisteszustände wie Wut, Eifersucht, Unwissenheit) im eigenen Geist ausmerzt. Im Mahayana Buddhismus wird die Erleuchtung zur Befreiung aller Lebewesen angestrebt, im Hinayana Buddhismus für die eigene Befreiung.


■ Hinduismus

Im hinduistischen «Jnana Yoga» steht der Begriff «Jnana» für höheres Wissen. Dieses beinhaltet die endgültige -Erkenntnis der Einheit zwischen Atman, der individuellen Seele, und Brahman, dem absoluten Bewusstsein, auch Weltseele genannt. Ziel ist die Erlösung aus dem Kreislauf der Wiedergeburten. Im «Raja Yoga» wird die höchste Stufe «Samadhi» genannt: die völlige Ruhe des Geistes.


■ Islam

Als Vertreter der mystischen Strömung des Islams verfolgen die «Sufis» das oberste Ziel, Gott so nahe wie möglich zu kommen und dabei die eigenen Wünsche hinter sich zu lassen. Die Liebe sei es, die den Sufi zu Gott führt. Der Suchende strebt danach, bereits in diesem Leben die Wahrheit zu erfahren und nicht erst auf das Jenseits zu warten. Die Sufis versuchen, die Triebe der niederen Seele bzw. des -tyrannischen Egos so zu bekämpfen, dass sie in positive -Eigenschaften umgeformt werden. Auf diese Weise kann man einzelne Stationen durchlaufen; die höchste Stufe ist jene der «reinen Seele».

Quelle: www.deacademic.com



Aktualisiert: 3. Sept. 2021

Kategorie: Gesundheit


Nicht nur die Veranlagung ist verantwortlich – auch Stress, Mobbing oder -Schicksalsschläge können eine Depression auslösen. Sie zählt zu den häufigsten und hinsichtlich ihrer Schwere vielfach unterschätzten Erkrankungen. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, Junge öfters als Alte. Aber: Zur Behandlung braucht es längst nicht immer Medikamente.



«In meinem Leben gab es immer wieder längere Phasen, in denen mir alles sehr schwer fiel. Ich fühlte mich dann energielos und innerlich leer», erzählt Melanie Gerber (Name geändert). «Das Vorbereiten der Lektionen kostete mich jeweils viel Kraft. Meine Gedanken schweiften immer wieder ab, ich konnte mich nur schwer konzentrieren. Für die alltäglichen Arbeiten im Haushalt fehlt mir oft die Kraft.»


«Beim Gedanken, bald wieder vor einer Klasse stehen zu müssen, bekam ich Angstzustände

Die 48-jährige geschiedene Lehrerin hat oft nur das Allernötigste erledigt – und dabei ein schlechtes Gewissen gehabt, weil sie mehr von sich erwartete. Vor einem Jahr, gegen Ende der Schulferien, verschlimmerte sich ihr Zustand. «Ich fühlte mich überhaupt nicht erholt. Beim Gedanken, bald wieder vor einer Klasse stehen zu müssen, bekam ich Angstzustände. Nachts lag ich stundenlang wach und konnte an nichts anderes als an die Erwartungen der Eltern und der Schüler denken.» Nach einigem Zögern suchte sie den Hausarzt auf. Dieser schrieb Gerber krank und überwies sie zur Behandlung in eine psychiatrische Tagesklinik. Mittlerweile hat sie, vorerst in einem beschränkten Pensum, ihre Arbeit wieder aufgenommen.


Ein Teufelskreis

Eines der typischen Anzeichen für eine Depression ist die Furcht, die Anforderungen des Alltags kaum mehr bewältigen zu können. Selbst einfache Tätigkeiten erfordern grosse Überwindung und strengen enorm an. Die psychische Störung verringert zudem den Antrieb sowie die Merk- und Konzentrationsfähigkeit. Dies reduziert das ohnehin geschwächte Selbstvertrauen zusätzlich. Mit dem Tief verbundene Versagensängste und Schuldgefühle untergraben es weiter. Anhaltende Niedergeschlagenheit ist also ein destruktiver psychischer Prozess, der sich selber am Laufen hält. Es ist nicht leicht, die Mechanismen einer Depression aus eigener Kraft zu überwinden.

Da eine depressive Verstimmung nicht mit einer Röntgenaufnahme oder einer Laboruntersuchung nachweisbar ist, ist die Grenzziehung zwischen einer normalen Trauerreaktion und einer behandlungsbedürftigen Störung nicht einfach zu ziehen. Zudem treten die Beschwerden individuell unterschiedlich auf. Nicht immer ist eine anhaltend gedrückte Stimmung krankheitsbedingt; sie kann in bestimmten Lebenslagen auch eine ganz normale Reaktion sein.


 


Mittelmeerkost kann Depressionen -lindern

Eine mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Obst, Nüssen, Hülsenfrüchten und Vollkornprodukten zusammen mit Fischöl-Kapseln kann das psychische Wohlbefinden deutlich verbessern. Zu diesem Ergebnis kamen Forscher von der Universität Südaustralien in Adelaide. Bei ihren Probanden hatten Angst, Stress und negative Emotionen sowohl nach drei als auch nach sechs Monaten deutlich abgenommen. Gleichzeitig hatte sich die Lebensqualität der Teilnehmer spürbar verbessert. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe waren die Depressionswerte um 45 Prozent gesunken. Die Forscher vermuten, dass soziale Kontakte – etwa gemeinsam kochen und essen – die positiven psychischen Effekte der gesunden Ernährung noch verstärken. MM

 


Sich wichtig nehmen

Während einer Depression oder einer schwierigen Lebensphase verzerrt sich die Sicht auf die Wirklichkeit. Pessimismus, Schuldgefühle und Selbstkritik dominieren. Die entsprechenden Denkmuster wirken zermürbend. Auf folgende Weise können Betroffene deren destruktive Wirkung dämpfen:

● Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Gedankenfluss. Unterbrechen Sie ihn, wenn er eine negative -Wendung nimmt, indem Sie sich auf Ihren Atem konzentrieren. Wenn Sie achtsam sind, merken Sie schnell, wenn Ihre Gedanken abschweifen. Das ist völlig in Ordnung und ganz normal. Konzentrieren Sie sich dann einfach wieder auf Ihren Atem.

● Halten Sie tagsüber mehrmals inne. Wie fühlen Sie sich gerade in diesem Moment? Diese Achtsamkeit sich selbst gegenüber bringt Sie näher zu ihren eigentlichen Bedürfnissen. Das hilft, Distanz zu den Ansprüchen anderer zu gewinnen.

● Notieren Sie jeden Abend vor dem Schlafengehen drei Erlebnisse, die für Sie tagsüber erfreulich waren. Dies kann ein stimmungsvoller Sonnenuntergang, ein freundlicher Zugbegleiter, ein Lied im Radio usw. sein.

● Schreiben Sie sich selber täglich ein aufmunterndes SMS oder eine liebevolle E-Mail.


Eine gedrückte Stimmung, fehlende Unternehmungslust, Schlafstörungen sowie das Bedürfnis nach Rückzug als Folge des Verlustes eines nahestehenden Menschen, eines Haustiers oder einer Arbeitsstelle ist nichts Ungewöhnliches. Im Gegenteil! In der Regel regelt sich die Gemütsverfassung nach einigen Wochen von selber wieder und die körperlichen Beschwerden lassen nach.

Im Gegensatz dazu halten Niedergeschlagenheit und andere Beschwerden bei einer Depression über längere Zeit an. Diese kann durch äussere Gründe ausgelöst werden, aber auch ohne erkennbaren Anlass auftreten. Die tieferen Ursachen sind vielfältig: Tageslichtdefizite im Winter sind ebenso mögliche Auslöser wie chronische Überforderung am Arbeitsplatz oder eine Sinnkrise nach der Pensionierung, um nur einige Beispiele zu nennen.


Verkaufsschlager Antidepressiva

Ab den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts erschienen immer neue Generationen von Medikamenten gegen Depressionen. Durch ihre Wirkung werden im Gehirn verschiedene Botenstoffe intensiver ausgeschüttet. In den letzten Jahren haben die Verschreibungen von Antidepressiva kontinuierlich zugenommen. Laut Statistik werden in der Schweiz jährlich zwischen 3,5 und 4 Millionen Packungen abgegeben. Damit ist die Einnahme innert zehn Jahren um rund eine Million Packungen gestiegen.

Die entsprechenden Medikamente werden vermehrt auch von Hausärzten verschrieben. Dies hat Kritiker auf den Plan gerufen. In einem Interview forderte kürzlich etwa der renommierte Zürcher Psychiatrieprofessor Daniel Hell, dass Langzeitbehandlungen mit Antidepressiva Psychiatern vorbehalten sein sollten. Noch immer sei die irrtümliche Annahme verbreitet, diese Medikamente würden die Ursachen einer Depression bekämpfen. «Tatsächlich aber lindern sie nur die Symptome.»

Für eine wirkungsvolle Behandlung sind regelmässige therapeutische Gespräche, ein Verhaltenstraining sowie das Forschen nach den Krankheitsauslösern entscheidend. Die Ursache für die Verstimmung liegt oft in den Lebensumständen der Patienten – und gegen diese wirken die Medikamente nun mal nicht.

Bei Depressionen ist das Wiederauftreten einer erneuten Krankheitsepisode relativ hoch: Sie liegt bei rund 80 Prozent. Inwieweit Antidepressiva Rückfälle verhindern können, ist in der Fachwelt sehr umstritten. Sicher ist: Mit jeder weiteren Phase steigt das Risiko neuerlicher Ausbrüche. Nach drei depressiven Episoden liegt das Risiko weiterer Störungen schon bei 90 Prozent!


Das Gedankenkarussell stoppen

Forschende haben nach Möglichkeiten gesucht, wie psychische Tiefs ohne chemische Präparate zu überwinden sind. Wie eine Auswertung verschiedener Studien ergab, wirkt moderat ausgeübter Sport ähnlich wirksam wie entsprechende Medikamente. Das Handicap ist dabei, dass Betroffene in einer depressiven Akutphase kaum genügend Antrieb für regelmässige Walkingrunden oder für Besuche von Schwimmbädern aufbringen. Nach dem Nachlassen der Symptome kann jedoch körperliche Betätigung die Genesung beschleunigen und Rückfällen entgegenwirken.

Wie die Forschung gezeigt hat, neigen zu Depressionen veranlagte Menschen zu negativen Denkmustern. Sie grübeln stundenlang über Nebensächlichkeiten oder längst zurückliegende Ereignisse. Auf diese Weise setzt eine fatale Abwärtsspirale ein, die Stimmung sinkt immer weiter. Wie die neuere Hirnforschung ergeben hat, verfestigen sich mit jeder weiteren depressiven Phase destruktive Muster in den Mikrostrukturen des Gehirns. Geringfügige Ereignisse im Alltag können sie aktivieren und eine Negativspirale auslösen. Um die Neigung zu depressiven Episoden zu verringern, müssen diese Automatismen im Denken gewandelt werden. In der Folge verändern sich auch die neuronalen Verbindungen im Gehirn. Trainingsprogramme wie MBCT (Mindfulness-Based Cognitive Therapy, zu Deutsch: Achtsamkeitsbasierte kognitive Therapie) helfen, diese -destruktiven Denkmuster bewusst wahr-zunehmen und inneren Abstand zu ihnen zu gewinnen.

In Grossbritannien werden Antidepressiva mittlerweile hauptsächlich bei sehr ausgeprägten Krankheitsverläufen eingesetzt. Bei leichten und mittleren Depressionen übernehmen seit 2007 staatlich ausgebildete psychologische Gesundheitstherapeuten die Betreuung. Sie arbeiten mit computergestützter Verhaltenstherapie, mit angeleiteter Selbsthilfe und mit Bewegungsprogrammen. Wenn sich der Zustand nicht in angemessener Zeit verbessert, werden die Erkrankten kognitiven Verhaltenstherapeuten zugewiesen, die auch bei schwierigen Verläufen Erfolge erzielen können. Ein Erfolgsmodell, auch für die Schweiz? //











Buchtipps:


Patrizia Collard «Achtsamkeitsbasierte -Kognitive Therapie für -Dummies», Wiley-VCH 2014, ca. Fr. 28.–

Mark Williams, - Jon Kabat-Zinn u.a. «Der achtsame Weg durch die Depression», Arbor 2009, ca. Fr. 50.–

Diana Hochgräfe «Aus der Dunkelheit ins Licht. Mein Weg aus den -Depressionen», Tredition 2018, ca. Fr. 38.


Links

Vermittlung von Adressen von MBCT-Trainerinnen und –Trainern sowie von Kurs-angeboten: www.mbsr-verband.de

Unabhängige Beratung zu Fragen um psychische -Leiden: www.promentesana.ch





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