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Unsere Natur ist enorm vielfältig. Diese Vielfalt ist jedoch auch unter Druck. Wir können im eigenen Garten selbst dazu beitragen, dass eine möglichst hohe Biodiversität erhalten bleibt.




Im Dezember, wenn die Natur in ihrer wohlverdienten Winterruhe steht, ist die beste Zeit, sich Gedanken rund ums kommende Gartenjahr zu machen. Begriffe wie Klimawandel, Treibhauseffekt, Erderwärmung, Umweltzerstörung und Biodiversität werden uns auch im neuen Jahr beschäftigen. Ansporn genug, über Versäumnisse nachzudenken, jedoch nicht zu spät, unserer faszinierenden Flora und Fauna mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Ich ermuntere Sie dazu, im Kleinen damit anzufangen und Insekten, Spinnentieren, Amphibien, Reptilien und Vögeln im neuen Jahr etwas zurückzugeben. In Ihrem Garten oder auf Ihrem Balkon können Sie einiges richtig machen, um natürliche Lebensräume für kleine Tiere und Mikroorganismen zu schaffen.


Wir Schweizer*innen zählen bezüglich Reinigung bekanntlich zu den Weltmeister*innen. Für das allgemeine Wohlbefinden ist regelmässiges Putzen zu Hause keinesfalls schlecht. Dass wir mit unserem Putzfimmel aber gerade im Garten viele Biotope von Kleintieren zerstören, ist vielen nicht bewusst. Dazu gehört zum Beispiel der falsche Schnittzeitpunkt von Stauden oder Wildwiesen, emsiges Kehren von Flächen, akribisches Abführen von farbigen Blättern aus dem Garten im Herbst und das Zupfen von vermeintlichen Unkräutern. Und einige von uns haben den Drang, aus Zeitgründen sofort zum Laubbläser zu greifen. Viele dieser Aktivitäten können Sie sich sparen oder zumindest der Natur zuliebe den richtigen Zeitpunkt oder Einsatzort dazu wählen. Es ist an der Zeit, das kommende Jahr zu planen. Indem Sie nützliche und artgerechte Unterschlüpfe errichten, tragen Sie wesentlich dazu bei, kleine Lebewesen zu fördern und zu schützen. Wie aber können Sie vielen Tieren helfen?



Behausungen für Reptilien

Zauneidechse


Bauen von Unterschlüpfen

Mauern und Haufen aus eckigen oder runden Steinen sind sowohl sehr hübsche Gartenobjekte als auch perfekte Behausungen für Reptilien, Spinnen und viele Insekten. Gerne sonnt sich hier beispielsweise die einheimische Zauneidechse oder die ungiftige und für Menschen harmlose, einheimische Schlingnatter.


Sandlinsen

Drei von vier einheimischen Wildbienenarten nisten in selbstgegrabenen Gängen im Boden. Eine an sonniger Lage angelegte Sandlinse bietet dazu beste Voraussetzungen. Zum Bauen einer solchen eignet sich zum Beispiel spezieller Wildbienensand der Firma Ricoter. Gewöhnlicher Spielkastensand, der zum Verkauf angeboten wird, ist gewaschen und enthält zudem keinen Lehm mehr, was für die Wildbienen von Bedeutung ist. In der Schweiz gibt es über 600 Wildbienenarten. Sie gehören zu den wichtigsten Bestäubern.



Asthaufen und Totholzstellen

Schnittgut von Gehölzen wird am besten an windstillen, sonnigen und ungestörten Ecken im Garten geschichtet. Dort werden die Asthaufen ganz der Natur überlassen. Sie bieten Igeln, Würmern, Blindschleichen, Kröten, Eidechsen, Fledermäusen und Vögeln perfekten Unterschlupf. Da das Material auf natürliche Art verrottet und von Kleinstlebewesen (Mikroorganismen) zersetzt wird, schichtet man von Jahr zu Jahr wieder neues Material obendrauf.


In morschem Totholz, beispielsweise Baumstrünken, fühlen sich Käfer, Larven, Tausendfüssler, Spinnen, Milben, aber auch Wildbienen wohl. Die in der Schweiz als gefährdet geltende, blaue Holzbiene ist die grösste einheimische Wildbienenart. Mit ihrer Körperlänge von 28 mm bohrt sie kleine Höhlen in morsches Totholz, wo sie ihre Brut aufzieht. Sie besucht auf der Nektarsuche gerne Schmetterlings-, Korb- und Lippenblütler.






Ohrwurmbehausungen und Insektenhotels

Ganz einfach selbst basteln können Sie eine Behausung für Ohrwürmer. Benutzen Sie dazu einen alten Tontopf und stopfen Sie ihn mit Holzwolle aus. Bohren Sie den Tontopf viermal an und stecken Sie zwei Holzstäbchen durch. So fällt die Holzwolle nicht heraus. Hier fühlt sich der Ohrwurm besonders wohl. Dieses Insekt ernährt sich nebst anderer Nahrung von Blattläusen. Auch einfach in der Herstellung sind kleine Insektenhotels aus Holzrugeln. Ich habe es in meinem Garten selbst ausprobiert. Mit ein paar Bohrungen in einen Holzrugel ermöglichen Sie Wildbienen kleine Niststätten für ihre Eiablage. Achten Sie unbedingt darauf, dass die Bohrungen sauber sind und sich darin weder Holzspäne noch Splitter befinden. Die Wildbienen könnten sich verletzen. Nur wenige Tage nach der Montage in meinem Garten hat eine Holzschneiderbiene ihre Brut abgelegt und den Ausgang mit einem Pfropfen aus Blattmaterial geschlossen. Ein wahres Wunder der Natur. Der Bau eines Insektenhotels, ob gross oder klein, ist eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung.





Wann ist der richtige Schnittzeitpunkt?

Oft entscheidet der richtige Moment unserer Eingriffe in die Natur über Leben, Tod oder gar Aussterben von Insekten. Dürres Staudenmaterial wird von unzähligen Käferarten als Überwinterungsdecke genutzt. Es macht aber Sinn, kranke Pflanzenteile von Stauden schon im Herbst zu entfernen, um die Übertragung von Krankheiten für das kommende Jahr zu verhindern. Spriessen im Frühling Schneeglöckchen und Winterlinge, ist es an der Zeit, Schafgarben, Disteln, Sterndolden, Salbei und Gräser handbreit über dem Boden abzuschneiden. Wenn Sie die Möglichkeit dazu haben, erstellen Sie im Garten mit dem Schnittgut vorerst ein Zwischendepot. Es kann später im Jahr, wenn z. B. der Schwalbenschwanz im Mai geschlüpft ist, immer noch der Grüngutentsorgung beigefügt werden. Wenn Sie sich zu den Glücklichen zählen, eigenen Umschwung pflegen zu dürfen, rege ich Sie dazu an, Stauden – und darunter versteht man nicht Gehölze, sondern winterharte, mehrjährige, krautige und nicht verholzende Pflanzen – erst im Frühjahr zurückzuschneiden. Bedenkt man, dass fast die Hälfte unserer einheimischen Schmetterlinge als Puppe angebunden an Pflanzenstengeln oder in abgestorbenen Streuschichten am Boden überwintert, macht dieses Vorgehen Sinn. Mehrjährige Gräser, im Herbst zu hübschen Skulpturen zusammengebunden, zieren Ihren Garten den ganzen Winter über und bieten zudem dem einen oder anderen Insekt eine perfekte Überwinterungsmöglichkeit. Viele Insekten sind als Bestäuber unentbehrlich, z. B. viele Schwebfliegenarten.





Nahrungsquelle «Unkraut»

Ein Ehrenplatz gebührt hier der grossen Brennnessel. Sie sollte an einem halbschattigen Platz im Garten unbedingt stehen gelassen werden. Sie wird von vielen einheimischen Schmetterlingen wie vom Admiral, vom Tagpfauenauge, vom Distelfalter, vom Kleinen Fuchs und vielen mehr als Futterquelle bevorzugt. Man trifft diese wunderschönen Schmetterlinge in den letzten Jahren nicht grundlos eher selten an. Die grosse Brennnessel wird zu Unrecht als «Unkraut» degradiert. Auch Blattläuse sind bei uns Menschen nicht unbedingt willkommen. Gerade die Brennnesseln zapfen sie gerne an, weil sie deren Pflanzensaft lieben. Und hier kann man ihnen freien Lauf lassen. Wenn Sie nicht sofort zu Spritzmitteln greifen, tauchen bald Marienkäfer auf, die pro Tag nicht weniger als 50 Blattläuse vertilgen. Bis sich die Larve des Marienkäfers verpuppt, frisst sie bis zu 400 – 600 Blattläuse. Die grosse Brennnessel trägt einen wesentlichen Beitrag zu einem geschlossenen Kreislauf bei, weshalb sie meines Erachtens punktuell unbedingt stehengelassen werden sollte.

































Wildblumen und Vogelbad

Ich persönlich bevorzuge einen insektenfreundlichen Rasen. In meinem, auch von vielen Vogelarten besuchten Garten, lasse ich beim Rasenmähen absichtlich Wiesenschaumkraut, Günsel, Braunelle, Gundermann oder Weissklee in Inseln stehen. Sie werden fasziniert beobachten können, wie diese Blumen von Schmetterlingen wie z. B. dem Aurorafalter, von Honig- und Wildbienen, Hummeln und Schwebfliegen zur Nektargewinnung besucht werden. Eine entspannende Freizeitbeschäftigung, zumindest aus meiner Sicht. Zu Unrecht werden viele hübschen Blume im Rasen nicht toleriert. Sollten Sie keinen eigenen Rasen oder Garten haben, können Sie Wildblumen z. B. auch in einen Topf auf Ihrem Balkon aussäen. Lassen sie den Topf den Winter über stehen. Vögel holen sich dort gerne Samen, z. B. die der Sonnenblume.


Die Möglichkeiten zur Erhaltung einheimischer Pflanzen- und Tierarten sind unendlich und hier längst nicht alle aufgeführt. Ich ermuntere Sie in allererster Linie dazu, sei es im Garten oder auf dem Balkon, nicht immer sofort zu chemischen Spritzmitteln, zur Schere oder zum Besen zu greifen. Falllaub im Herbst sollten Sie mit Bedacht zusammenkehren. Überdenken Sie den Griff zum Laubbläser. Sie nerven damit vermutlich nicht nur Ihre Nachbar*innen, sondern zerstören Lebensräume vieler Käfer, Asseln, Tausendfüssler und Spinnen, vor allem durch den Einsatz des Laubbläsers auf Wiesen und unter Bäumen. Sofern Sie genug Platz in Ihrem Garten haben, tragen Sie das Laub besser mit dem Laubrechen zu einem Haufen in einer ungestörten Ecke zusammen. Der Igel schätzt grosse Laubhaufen, sie bieten ihm das perfekte Bett zum Winterschlaf. Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches, gesundes neues Gartenjahr und bestärke Sie darin, dem Begriff «Biodiversität» im kommenden Jahr besonders viel Aufmerksamkeit zu schenken, sollten Sie dies nicht schon längst tun.































 


Gabriela Gerber, ist gelernte Staudengärtnerin, kaufm. Angestellte und dipl. Arbeitsagogin. Sie ist als Berufsbildnerin in der Vorlehre Integration an der Gartenbauschule Oeschberg in Koppigen BE tätig. In ihrer Freizeit sammelt sie gerne Pilze, kocht gerne und liebt die Natur.



Raureif schmückt Halme und Sträucher. Trotz Winterfrische will ich einfach nicht recht wach werden, zu schön war es unter der warmen Bettdecke. Andere halten schliesslich auch Winterschlaf! Wieviel Larven schlummern wohl hier in Käferbohrlöchern, Markstängeln oder im Erdboden? Fast meine ich, all die kleinen Wesen in ihrem stillen Dasein wahrzunehmen …




In Tat und Wahrheit ist dieses «süsse Schlummern» für viele Insekten und Wildtiere eine riesige Herausforderung, bis zum Frühling überleben zu können. Eine Vielzahl von Arten beendet ihren Lebenszyklus innerhalb eines Jahres, so etwa solitär lebende Wildbienen, aber auch soziale Arten wie z. B. die Hummeln. Manche Schmalbienenarten haben sogar mehrjährige Entwicklungszyklen und oft kaum Chancen, diese zu vollenden. Auf Ertrag ausgerichtete landwirtschaftliche Nutzflächen, menschliche Gartenaktivitäten wie eifrige Gartenscheren zum falschen Zeitpunkt, generelle «Aufräumeritis» beenden abrupt und meist unwissentlich das Leben so mancher Insektenbrut.


Wildbienen legen ihre Eier im Frühling an geeigneten Brutplätzen ab. Jede Zelle versorgen sie sorgfältig mit Proviant, verschliessen sie, um sie dann sich selbst zu überlassen. Bald nach der Eiablage entwickeln sich die Larven, die sich schon nach wenigen Tagen in der Zelle verpuppen. Dann aber wird entschleunigt und die Puppe verweilt über den ganzen Winter in diesem Stadium. Fast 9 Monate – also den grössten Teil ihres Lebens – verbringen Wildbienen als Larven in Pflanzenhohlräumen, Baumhöhlen etc. Erst im nächsten Frühling bis Frühsommer schlüpfen die Jungtiere aus ihrer Brutzelle ans Licht, um sich zu paaren, den Bestand zu sichern, und nach der Eiablage im Sommer zu sterben – ein neuer Zyklus beginnt.


Viele Arten wie etwa Stängelnister sind darauf angewiesen, dass Pflanzenstängel mehrere Jahre erhalten werden. Im ersten Jahr blüht die Pflanze und verdorrt im Herbst. Erst im zweiten Jahr nisten Wildbienen darin, schlüpfen dann im dritten Jahr … Weil die meisten Wildbienen ortstreu sind, brauchen sie Nistplätze, die über mehrere Jahre hinweg sich selbst überlassen werden. Ein kleiner Teil Wildnis im Garten, auf dem Feld als Geschenk für diese Kleinlebewesen?

Gedankenverloren betrachte ich einen alten, hohlen Baum voller Bohrlöcher und Spinnennetze – entdecken kann ich zwar «niemanden», doch bestimmt haben sich hier überwinternde Falter, Fledermäuse oder gar Siebenschläfer verkrochen? Vielleicht schlummern im feuchten Erdreich hier auch Erdhummeln, Kröten oder Molche? Alle geben sie sich der Winterruhe und Starrheit hin, verharren geduldig, sammeln Kraft für neues Erwachen im Frühling. Getragen vom Naturkreislauf schöpfen sie diese immer wieder frisch, übergeben ihre Nachkommen vertrauensvoll dem Leben selbst.


Verstecke, ein Unterschlupf zum Brüten und Überwintern, das können Laub-, Ast- und Steinhaufen, Pflanzenstängel, ein Stapel Blumentöpfe, Kletterpflanzen sein – einige unberührte Winkel und schon kreucht und fleucht es. Auch uns – der Spezies Mensch, die wir nicht mehr und nicht weniger als nur ein Teil dieses erstaunlichen Naturnetzes sind – würden natürliche Schutz- und «Brut»-räume mehr als nur guttun! Die Stille der dunklen Jahreszeit ist wie gemacht, um in sich zu lauschen und Lebenskraft zu schöpfen, die sich mit dem erwachenden Frühling in neuen Projekten und Inspirationen verwirklichen darf. So trolle ich mich also getrost hinter die Ofenbank, um zu erträumen, was alles noch ans Licht wachsen wird.


 

Eva Rosenfelder ist Autorin/Journalistin BR. In ihrer Serie schreibt sie über kleine und grosse Glücksmomente des Alltags. Mehr über die Autorin und ihre Angebote erfahren Sie unter www.natur-und-geist.ch


Es ist Herbst. Doch wer nächsten Frühling einen naturnahen und doch gepflegten Rasen möchte, tut gut daran, sich jetzt darauf vorzubereiten. Denn wichtige Arbeiten erfolgen im Herbst und im Winter.




Ein schöner, grüner Rasen ist auch auf natürliche, biologische Weise möglich. Das beweisen viele Gartenbaubetriebe seit längerem. Die Stadt Basel zum Beispiel pflegt ihre Rasen- und Sportplatzflächen – wenn wir den Rasen im Fussballstadion Joggeli mal ausnehmen – im öffentlichen Grün seit Jahrzenten rein biologisch. Obschon der Anspruch an einen perfekten Golfrasen im Hausgarten rückläufig ist, bleiben dennoch viele Erwartungen an ein repräsentatives «Grün», welche selbst in uns Gärtner*innen tief verankert bleibt.



Drei häufig geglaubte Irrtümer

Mit drei solchen typischerweise an den heimischen Garten gerichteten Irrtümern möchte ich gleich aufräumen. Wichtig ist: Ich grenze mich hier von normierten Sportplätzen nach DIN-Norm ab. Nein, es geht um einen schönen Rasen bei Ihnen zu Hause. Wem ein Blumenrasen mit Gänseblümchen, Günsel und Duftveilchen mehr zusagt ein monotones Grün im Garten möchte, umso besser.


Irrtum Nummer 1: «Rasenbeikräuter müssen zwingend mit Herbiziden behandelt werden, um einen schönen Rasen zu bekommen.» Dem ist aber nicht so. Zugegeben: Wer ein Haus im Grünen, nahe von Blumenwiesen oder Kulturland hat, hat sicher mit einem höheren Eintrag von Samen der genannten Rasenbeikräuter zu kämpfen als bei einer Parzelle mitten im Dorfkern. Doch es gibt noch wichtigere Faktoren. So geht das Aufkommen von Beikräutern immer mit einer mangelnden Konkurrenzfähigkeit der Rasenkräuter einher. Auf den Punkt gebracht: Ist der Rasen nicht gut mit Nährstoffen versorgt, so sind Beikräuter klar im Vorteil. Allen voran ist hier vor allem der Klee zu nennen, welcher als Leguminose Stickstoff aus der Luft binden kann. Deshalb braucht ein Rasen eine gezielte Düngung.


Irrtum Nummer 2: «Organischen Dünger kann ich nicht verwenden, er nützt sowieso nichts und stinkt.» Auch das stimmt so nicht. Korrekt ist, dass bei der organischen Düngung wie bei allen biologischen Hilfsstoffen der Zeitpunkt entscheidend ist. Sprich: Ich muss die Natur beobachten, um die bestmögliche Effizienz zu erreichen. Ein Bio-Dünger muss im Boden durch die Lebewesen zuerst mineralisiert werden, um für die Pflanzen verfügbar zu werden. Eine Faustregel lautet, den Dünger drei bis vier Wochen vor dem Zeitpunkt auszubringen, wenn der Rasen ihn braucht. Das bedeutet also nichts anderes, als dass eine Frühjahresdüngung mit organischem Dünger bereits Ende Februar erfolgen sollte. Eine weitere Kritik am organischen Dünger sind die Geruchsemissionen. In der Tat stinkt organischer Dünger etwas. Positiv ist aber, dass man aber im Vergleich zu mineralischem Dünger einen Haufen Geld einsparen und man gleichzeitig der Natur etwas Gutes tun kann.


Irrtum Nummer 3: «Frühling ist die beste Zeit, um den Rasen zu Vertikutieren.» Ja, das Frühjahr ist wirklich prädestiniert, um den Rasen zu pflegen. Persönlich würde ich jedoch das Aerfizieren dem Vertikutieren vorziehen. Was bedeutet Aerfizieren? Man stanzt kleine Zylinder aus dem Boden. Dabei werden Verdichtungen, welche durch die letztjährige Benutzung entstanden sind, wieder gelöst. In der Folge gelangt Luft in den Boden. Dies führt zu einer höheren Aktivität der Bodenlebenwesen, was wiederum eine bessere Nährstoffverfügbarkeit mit sich bringt. In sehr schweren Böden kann ich die ausgestanzten Löcher der Zylinder mit kalkarmen Sand verfüllen. Als zusätzliche, weniger stressige Option zum Vertikutieren empfiehlt sich das Striegeln im Frühling. Striegeln hat etwa die gleiche Wirkung als würde ich einen Grasrechen über die Fläche ziehen. Damit kann man alte Grashalme und teilweise auch den Rasenfilz entfernen. Gleichzeitig wird damit das zu bekämpfende Beikraut aufgerichtet. Wenn ich anschliessend tief mähe, kappe ich die aufgerichteten Beikräuter tief am Vegetationspunkt und schwäche diese.







Lieber im Herbst als im Frühling vertikutieren

Ich komme noch mal auf das Vertikutieren zurück. Hier die Erklärung, warum das im Frühling suboptimal ist und auf was es bei der richtigen Pflegearbeit ankommt: Vertikutieren bedeutet für den Rasen enormen Stress. Da auch in Mitteleuropa der Frühling tendenziell eher trockener und der Sommer manchmal gar wüstenähnlich wird, ist Stress im Frühling, wenn doch der Rasen schnell saftig grün werden sollte, alles andere als gut. Beim Vertikutieren kann man zwar die Filzschicht im Rasen entfernen, nicht aber das Moos. Gegen Moos hilft nur eine Kombination aus einer guten Durchlässigkeit des Bodens (Sand und Splitt bei der Neusaat einarbeiten) auf der einen und einem nicht zu tiefen Schnitt (nicht unter sieben Zentimeter) auf der anderen Seite. Noch ein Wort zum Rasenfilz. Dieser entsteht durch liegengelassenen Rasenschnitt. Dieser wächst knapp über dem Boden in die Gräser ein und hemmt Wasser und Nährstoffe, welche dadurch schlechter zu den Wurzeln gelangen. Rasenfilz zu haben bedeutet nicht, dass man den Rasen schlecht pflegen würde. Denn es bleibt immer etwas Rasenschnitt zurück, auch wenn ich den Rasenschnitt aufnehme oder einen Mulchmäher verwende. In Böden mit schlechter Tätigkeit der Bodenlebenwesen bildet er sich zudem mehr als in anderen. Ein Grund mehr, warum nicht am Anfang sondern am Ende der Rasensaison vertikutiert werden sollte, sind Hitzeschäden aufgrund der Sommertrockenheit. Ich kann vertrocknete Stellen gleich im Anschluss renovieren und nütze dabei die noch vorhandene Bodenwärme inklusive der Feuchtigkeit, welche im Herbst eher vorhanden ist, zum Keimen der Rasensamen.


Rasenrenovierung im Herbst

Anhand der folgenden Schritte und Bilder möchte ich Ihnen nun zeigen, wie bei uns an der Gartenbauschule Oeschberg eine Rasenrenovierung im Herbst abläuft. Zu beachten ist, dass eine Renovierung nur dann sinnvoll ist, wenn nicht mehr als die Hälfte der Fläche in desolatem Zustand ist. Sind mehr als die Hälfte des Rasens von Beikraut durchsetzt, lückig und vertrocknet, empfehle ich die Flächen abzuhacken und neu anzusäen (Bild 1). Nun aber zum Vertikutieren. Zunächst einmal ist die Wettervorhersage zu beachten. Ideal ist, wenn eine Regenphase oder wechselhaftes Wetter nach dem Vertikutieren in Aussicht ist. Denn so erspare ich mir das Wässern. Als erstes gilt es den Rasen tief auf drei bis vier Zentimeter Höhe runterzumähen (Bild 2). Nicht erschrecken, wenn es etwas hellgrün bis bräunlich wird. Im Gegensatz zum Frühling steckt der Rasen das im Herbst besser weg. Nun geht es an das Vertikutieren mit der Maschine. Achten Sie darauf, dass die drehenden Messer den Boden nur anritzen. Die Messer sollten nicht tiefer als drei Milimeter in den Boden gehen, denn die Filzschicht liegt ja über dem Boden (Bild 3). Beim Vertikutieren befahre ich die Fläche zuerst in einer Richtung und dann in der anderen quer dazu (Bild 4). Wichtig ist, dass ich den herausgerissenen Rasenfilz nach jedem Vertikutierdurchgang sauber zusammenreche (Bild 5). Jetzt mähe ich die Fläche nochmals mit dem Rasenmäher. Dabei entferne ich letzte liegengebliebene Halme und die zerzauste Fläche sieht wieder sauber aus. Bei beiden Mähdurchgängen (vor und nach dem Vertikutieren) verwende ich einen Auffangsack (Bild 6).


Jetzt wird der Rasen gedüngt. Dabei gehe ich ähnlich vor wie beim Vertikutieren und verteile zuerst die eine Hälfte des Düngers in Längs- und dann die andere in Querrichtung (Bild 7). So ergibt sich auch für die ungeübte Hand eine bessere Verteilung. Bitte beachten Sie, dass Dünger und Nährsalze die Haut angreifen können. Zu Ihrem eigenen Schutz empfiehlt es sich, Handschuhe zu tragen. Als nächster Schritt werden allfällige lückige Stellen im Rasen mit Kräuel oder Rechen leicht aufgekratzt, frisch angesät und mit einer Schneeschaufel festgeklopft. Dazu sind spezielle, regenerative Samenmischungen zu empfehlen. Diese verfügen über eine andere Zusammenstellung der Gräsersorten als jene bei Neusaaten. Das hat den Vorteil, dass sich die Lücken rasch und zu einer dichten Grasnarbe schliessen. Zum Schluss sollte die renovierte Fläche abgesperrt werden. Gerade wenn grössere Flächen neu angesät wurden, ist es von Vorteil diese gegen ein Betreten zu sichern. Falls der erhoffte Regen ausbleibt, sollte die Fläche begossen werden, damit die frischen Samen keimen und der Rasen wachsen kann.






 

Drei wichtige Ratschläge


Analog zu den drei häufig geglaubten Irrtümern gibt es aber auch drei wichtige Ratschläge, welche es bei der Rasenpflege zu beachten gibt. Hier also das «A und O» für jeden Rasen:


Ratschlag Nummer 1: «Ein gesunder Rasen sollte optimal gedüngt werden.» Zu empfehlen sind drei bis vier Gaben im Jahr (Februar, April, Juni und September).

Ratschlag Nummer 2: «Mähen, mähen und nochmals mähen!» Mindestens einmal pro Woche mähen, bis das Wachstum aufhört. Im Schweizer Mittelland wächst der Rasen in milden Wintern gut und gerne bis Mitte November.


Ratschlag Nummer 3: «Wasser ist Leben!» Rasen braucht Wasser. Bei Temperaturen über 25 Grad und ab einer Woche ohne Niederschlag ist Rasen auf Wasser angewiesen. Als Faustregel gilt, dass der Rasen 25 Liter pro Quadratmeter und Woche braucht. Es lohnt sich deshalb, einen Regenmesser aufzustellen.

 



Walter Bühler ist gelernter Landschaftsgärtner und Landwirt. Er arbeitet als Berufsbildner an der Gartenbauschule Oeschberg in Koppigen (BE). In seiner Freizeit interessiert er sich für Pflanzen, Permakultur und produziert unter dem Namen «Pommebastisch» leidenschaftlich gerne Cidre aus dem eigenen Obstgarten.

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