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Die Sonne hat seit jeher die Menschen inspiriert. In den meisten Religionen spielte und spielt sie eine Schlüsselrolle, wie ein Blick zurück in die Geschichte zeigt.




Die Sonne – wie sehr prägt dieser Planet, um den die Erde mit grosser Geschwindigkeit kreist, unser Leben und Erleben. Wie eindrücklich, nach langen nebelverhangenen Tagen in die Höhe zu steigen und von einem Moment auf den anderen im puren Sonnenlicht zu stehen. Oder wie wohlig und entspannend kann es sein, in mildem Sonnenschein zu baden. Auffällig auch, dass Morgenlieder immer beschwingt tönen, ihre Melodien tänzerisch sind. In ihnen ist die Rede von «der Sonne, welche ihre goldene Bahn betritt»; von der «güldenen Sonne, welche Leben und Wonne bringt. Sie bringt unseren Grenzen mit ihrem Glänzen ein herzerquickendes, liebliches Licht.» Oder: «Nun ist vorbei die finstre Nacht. Die liebe Sonne leucht‘ und lacht und lässt uns fröhlich leben.»


Sonne bestimmt über unsere Leben

Für uns ist die Sonne das zentrale Gestirn am Himmel. Von ihr hängt alles Leben auf der Erde ab. So verwundert es nicht, dass ihre Bedeutung den Menschen seit frühester Zeit bewusst war. Und dass die Sonne in verschiedenen Kulten und Religionen als Gottheit verehrt wurde.


«Die Sonne ist die Universalarznei aus der Himmelsapotheke.»

Seit früher Zeit ist die Sonne – über die Erddrehung – die natürliche Uhr des Menschen. Die Beobachtungen der täglichen Bewegung der Schatten mündete in die Entwicklung der Sonnenuhr. Die Abfolge der Jahreszeiten führte zur Entwicklung des Kalenders, der vor allem nach der Einführung des Ackerbaus für alle Kulturen überlebenswichtig wurde. Hierdurch konnten wichtige jahreszeitliche Ereignisse vorherbestimmt werden, wie das Eintreffen der Nilhochwasser im alten Ägypten, der günstigste Zeitpunkt der Saat oder das Eintreffen der für die Seefahrt gefährlichen Herbststürme. Es wurden Anlagen konstruiert, um den Himmel zu beobachten, so beispielsweise in Stonehenge. Religionsgeschichtlich betrachtet zeigen Religionen wie Menschen mit dem Göttlichen umgehen. Religionen sind abhängig von den Vorstellungen einer bestimmten Zeit und Kultur, und damit vom Grad des Bewusstseins der entsprechenden Menschengruppen. Diese Vorstellungen sind geprägt von Erfahrungen des Menschen mit dem Numinosen, mit dem grossen Ganzen, mit dem was uns unbedingt angeht. Obwohl die religiösen Erlebnisse subjektiv sind, erweisen sie sich für die Erlebenden nicht einfach als Illusion oder Fantasie, sondern zielen auf die letzte und höchste Realität. Zugleich beinhaltet dieses persönliche Erleben ein Überpersönliches, welches sich durch alle Zeiten und Kulturen hindurch dem Menschen offenbart. Diese Offenbarungen sind vielgestaltig und beinhalten eine Fülle von Formen und Aussagen.




Der Sonnengott in Ägypten

Interessant ist nun, dass das Bild, das Symbol der Sonne in vielen Religionen vorkommt. Sie ist unter den Planeten der einzige, aus sich selber strahlende Stern. Eine besondere Verehrung genoss die Sonne in Ägypten. Man sah in ihr die Verkörperung des Sonnengottes Re, dieser hatte zwei Sonnenschiffe, mit denen er über den Himmel fuhr. Er ist eher spät, um 2500 vor Christus an die Spitze des ägyptischen Götterhimmels aufgestiegen. Vorher hatte man den Pharao als Verkörperung des Falkengottes Horus betrachtet, nun wird er zum ersten und höchsten Geschöpf, zum Sohn des Sonnengottes Re. Die 5. Dynastie erhob den Re-Glauben zur Staatsreligion. Es wurden am Westufer des Nils Sonnenheiligtümer errichtet. Häufige Sonnendarstellungen sind der Skarabäus mit der Sonnenkugel und die (oft geflügelte) Sonnenscheibe mit der Uräusschlange. Der Skarabäus (Mistkäfer, heiliger Pillendreher) formt aus Dung «Pillen», die in die Erde versenkt werden und in die das Weibchen Eier legt. Die scheinbare Entstehung des Skarabäus aus diesen Kugeln machte ihn in Ägypten zum heiligen, sonnenhaften Tier. Der Name beinhaltet das Wort für «aufgehende Sonne».


Einen besonderen Höhepunkt erlebte der Sonnenkult während der 18. Dynastie unter Pharao Echnaton, der vermutlich zwischen 1351–1334 vor Christus regierte. Echnaton, der ursprünglich Amenhotep IV. hiess, benannte sich nach dem Sonnengott Aton, der in Gestalt der Sonnenscheibe als höchster Gott verehrt wurde. Echnaton heisst nämlich nichts anderes als «jener, der Aton nützlich ist». Er entwickelte den Kult wohl bis hin zum Monotheismus, also zu einer Religion, die nur einen Gott kennt. Obschon die Reformen Echnatons nach dessen Tod weitgehend rückgängig gemacht wurden und er der «Damnatio memoriae» anheimfiel, war diese Epoche ein wichtiger Einschnitt in der abendländischen Religionsgeschichte.


Re Im alten Aegypten hiess der Sonnengott Re. In der 5, Dynastie wurde der Sonnenkult gar zur Staatsreligion erhoben..


Helios. In der griechischen Götterwelt rast der Sonnengott Helios mit einem vierspännigen Feuerwagen über den Himmel.

Helios, der griechische Sonnengott

Bekannt ist auch der griechische Sonnengott Helios. Er fährt täglich in einem von vier feuerschnaubenden Flügelrossen gezogenen Wagen über den Himmel. Des Nachts kehrt er in einem goldenen Becher zum Lande des Sonnenaufganges zurück. Die Mondgöttin kann als Gemahlin, Schwester oder Tochter erscheinen. Die Sage erzählt von der Unglücksfahrt des Sonnensohnes Phaeton, der mit dem ihm für einen Tag überlassenen Sonnenwagen Himmel und Erde gefährdet, bis Zeus ihn mit dem Blitz erschlägt.


Er wird in den Eridanos gestürzt, an dessen Ufer die trauernden Schwestern, die Heliaden, zu Pappeln werden und ihre Tränen zu Bernstein erstarren. In Phaeton wollte man schon den Morgenstern erkennen, der in den Strahlen der aufgehenden Sonne verschwindet.


«Die Sonne spielt auch im Christentum eine wichtige Rolle.»

Die Sonne im Christentum

Rücken wir in unserer Betrachtung der Stellung der Sonne in verschiedenen Religionen zeitlich und räumlich etwas näher, so entdecken wir, dass auch im Christentum das Symbol der Sonne eine wichtige Rolle spielte. Dabei erfand die frühe Christenheit das Rad nicht neu. Sie verleibte sich die Symbolik der Sonne der ausserbiblischen Welt ein und übertrug diese auf Christus. So zum Beispiel das Kreuz, den Adler und den Löwen. Christus wird als die wahre Sonne erkannt. Sein Tod, der Abstieg in die Unterwelt gilt als der wahre Sonnenuntergang, seine Grabesruhe als die wahre Sonnennachtfahrt und seine Auferstehung als der wahre Sonnenaufgang.


In den Evangelien bezeichnet sich Jesus als das Licht der Welt. «Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben», heisst es in Johannes 8, Vers 12. Auch hier wieder – wie in anderen Religionen – zeigt sich die tiefe Sehnsucht des Menschen nach Licht und Erleuchtung. Wir möchten nicht nur Oberflächliches sehen, sondern das Eigentliche, den Urgrund allen Seins. Das Wesen selbst erfüllt uns, nicht der Schein der Wirklichkeit. In Begegnungen mit Jesus machen Menschen die Erfahrung, dass ihnen die Augen geöffnet wurden. Sie tappen nicht mehr in der Finsternis herum. Es wird ihnen vieles klar, vom eigenen Leben und von der Welt. Sie verlassen Depression und Angst und sehen das innere Licht, das Gott in jeden Menschen gelegt hat. Wer auf Christus vertraut, macht die Erfahrung, dass er tiefer zu sehen beginnt. Dass er die Wirklichkeit erkennt, wie sie ist. Und es nicht mehr nötig hat, eine schwarze oder eine rosarote Brille aufzusetzen, welche die Wahrnehmung verzerren und verdunkeln. Illusionen und Täuschungen über uns selbst und das Leben werden im Licht von Christus aufgelöst.


Kein Wunder also, dass die Sonne, das grosse Licht, welches in Mond und Sternen leuchtet, mit Christus in Verbindung gebracht wird. Sein Licht erleuchtet auch die ganze Schöpfung. Es bringt Wärme und Helligkeit, Glanz und die Möglichkeit von Leben, wie es die Sonne im Materiellen tut.


 


Sonne im Traum und in Seelenbildern

Wir haben gesehen, dass die Sonne, das einzige aus sich selbst heraus leuchtende Gestirn, in zahlreichen Religionen als Gott verehrt wurde. Ebenso wurden Attribute der Sonne Gottheiten beigesellt und auch weltliche Herrscher*innen liessen sich feiern und verehren als sonnenähnlich. Unserem Erleben nahe sind Symbole der Sonne. Sie begegnen uns im Traum, in Fantasien und Seelenbildern. Symbole sind mehr als Zeichen. Zeichen kennen wir aus dem Strassenverkehr, wo sie das Fahren und Gehen im öffentlichen Raum regeln. Sinnbilder und Symbole hingegen weisen auf etwas hin, was hinter den vordergründigen Dingen ist. Sie sind geheimnisvoll, und darum berühren sie uns besonders. Die Sonne versinnbildlicht das schöpferische Zentrum des Menschen, freies vitales Selbstsein, Spontaneität. Unsere solare Mitte – körperlich das Sonnengeflecht – ist Quelle der Kreativität und Erneuerung. Da ihr Licht sichtbar macht, steht die Sonne für Bewusstheit, Weisheit, Wahrheit und Gerechtigkeit. Sie erlöst aus der Befangenheit der Materie, führt hinaus in weiträumige Bewusstseinsdimensionen. Der täglich neue Auf- und Untergang lässt die Sonne auch zu einem Symbol der Auferstehung und des Neuanfangs werden.

Ohne Augen kein Sonnenlicht


Kategorie: Gesundheit


Das (be)rauschende Fest der Liebe naht und mit ihm christliche Bräuche und Rituale, die in heidnischen Traditionen wurzeln. Wie der Weihnachtsbaum in die Stube kam, weshalb Rentiere fliegen, Harze böse Geister vertreiben und wir wild auf Schokolade sind.




Schleichend hüllt sie das idyllische Bergdorf in ihr schwarzes Kleid: Die Dunkelheit, die im Winter herrscht und am 21. Dezember – dann ist Wintersonnenwende, die heidnische Neugeburt der Zeit – ihre längste Nacht feiert. Leise erklingt «Advent, Advent, ein Lichtlein brennt» und durchbricht die Stille der Nacht. Mit glänzenden Augen singen die Kinder vor dem zauberhaft geschmückten Weihnachtsbaum mitten auf dem Dorfplatz und läuten damit die Vorweihnachtszeit ein. Während der süsse Duft von Lebkuchen, gebrannten Mandeln und Glühwein in die Nase steigt und so manche Erinnerungen weckt, stimmen sie «O Tannenbaum» an. Das beliebte Volkslied lehrt, dass der Nadelbaum, der sich sein grünes Kleid auch von Väterchen Frost nicht ausziehen lässt, «Hoffnung und Beständigkeit, Trost und Kraft» spendet.


Gerade deshalb spielen immergrüne Pflanzen wie Tannen, Fichten, Stechpalmen, Vogelbeeren, Misteln oder Efeu aber auch der Fliegenpilz, exotische Weihnachtsgewürze und -düfte sowie Räucherstoffe seit Urzeiten eine wesentliche Rolle an Weihnachten. Es sei das «international erfolgreichste Massenritual, das ethnische, religiöse, kulturelle und politische Grenzen überschreitet», wie der bekannte Ethnowissenschaftler Christian Rätsch schreibt. Historisch betrachtet habe das Weihnachtsfest seinen Ursprung in der vorchristlich-heidnischen Zeit. Weihnachten sei das Fest der Geburt des Erlösers Jesus Christus, der Wiedergeburt der Sonne, der Raunächte (siehe Spalte), des Jahreswechsels und der Götter und Geister.


Der Siegeszug des Christbaums

Der Weihnachtsbaum, das Wintergrün, Harze und Fliegenpilze sind Mittelpunkt vieler moderner Bräuche und Riten, deren Hintergründe die wenigsten Menschen kennen. Bäume zum Beispiel stellen die Verbindung zwischen Himmel und Erde dar. Sie sind Schutzbäume, Lebensbäume, Stammbäume und Weltenbäume wie die Esche Yggdrasil aus der nordischen Mythologie. Auch der Tannenbaum, dessen Zweige böse Geister vertreiben sollen, hat eine symbolische Bedeutung als Welten- und Lebensbaum. Heilige Bäume galt es zu verehren. Sie wahllos zu fällen, bringt in schamanischen Kulturen Krankheit oder Tod. Erlaubt ist, das Holz für rituelle Zwecke zu verwenden.


Lange Zeit war der Brauch, Tannen- und Fichtenzweige oder ganze Bäume ins Haus zu bringen, als heidnisch verpönt und von der Kirche verboten. Nachdem mit dem Fällen der mystisch-germanischen «Donareiche» die geistige Kultur der Chatten (die heidnisch-germanischen Vorfahren der Hessen) zerstört wurde, kam der Kirchenvater Augustin (354–430) zur Erkenntnis: «Man rotte die Heiden nicht aus, man bekehre sie; man fälle die heiligen Bäume nicht, man weihe sie Jesus Christus.» Und so wurde es umgesetzt.


Der Brauch, vom 24. Dezember bis zum Dreikönigstag einen Baum ins Wohnzimmer zu holen und zu schmücken, ist laut Rätsch eine deutsche Erfindung, deren frühestes Zeugnis aus dem Jahr 1419 stammen soll. Andere betiteln den Strassburger Baum von 1605 als ersten geschmückten Tannenbaum der Welt, der sich auf der ganzen Welt etabliert habe: 1799 kam er nach Zürich, 1912 erreichte er New York.



 

Die Raunächte


Die Raunächte (auch Rauchnächte) erleben ein -Revival: Im Gegensatz zur hektischen Vor-weihnachtszeit, finden immer mehr Mensch in den elf heiligen Tagen und zwölf Nächten -zwischen dem 24. und dem 6. Januar Zeit, um zu Räuchern (daher Rauchnächte), zu meditieren und dabei in sich zu kehren.


Nach alten Überlieferungen spuken die Geister in dieser Zeit besonders heftig. Zudem braust die Wilde Jagd (auch „Odins Jagd“) auf der Suche nach der Sonne durch die Wolken, wobei die Geisterwesen den Kampf zwischen Licht und Finsternis entscheiden. Damals wie auch heute stellen die Raunächte-Räucherungen den Kontakt zu den Göttern und Göttinnen der Anderswelt her und weisen der Wilden Jagd ihren Weg, speisen die -Ahnen und Totenseelen, halten Dämonen und -negative Schamanen (Hexen, Zauberer) fern.


Die sogenannten Apotropäa (Zaubermittel, die Unheil abwehren sollen) zählen zu den wichtigen Räucherstoffen. Dazu gehören Beifuss, Weihrauch, Hanfblüten, der Fliegenpilz, Rosmarin, -Wacholder, Quendel, Fichten- und Eibennadeln sowie Kiefern- und Tannenharz.


 

Schutz vor Krankheiten und Hexen

Weitaus weniger bekannt und dennoch ein wichtiger Bestandteil der Weihnachtsbotanik ist der immergrüne Wacholder. Seine Zweige dienen nicht nur als Wintergrün oder als «Lebensrute», mit der man die Vitalität der Pflanze auf den Menschen überträgt. Die Zweigspitzen, die Beeren und das Harz sind ein Räucherwerk, das im Mittelalter als «falscher Weihrauch» bei ansteckenden Krankheiten zum Einsatz kam. Um die Räume zu desinfizieren, wurden in der Schweiz bis in die Neuzeit hinein Schulräume und Krankenhäuser mit Wacholder ausgeräuchert. Der nette Nebeneffekt: Wacholderrauch schützt besonders gut vor bösen Geistern, Hexen, Kobolden, Druden (Wesen, die sich nachts auf Schlafende legen) und sogar vor dem Teufel höchstpersönlich!


Räucherrituale dienen jedoch nicht nur zur Reinigung und zum Schutz vor dunklen Wesen, sondern auch zur Bewusstseinsbildung. Und: Gerüche regen die Stimmung an, lösen Gefühle aus, steuern unser Sexualverhalten und wecken verborgene oder längst vergessene Erinnerungen. «Deshalb werden Rituale in allen Kulturen mit besonderen Gerüchen markiert», erklärt Rätsch.



Das Weihnachts-Ritual ist voller Gerüche – ein «wahrer Hagel von Pheromonen». Dass Vanille, Zimt und Kardamom aphrodisierend wirken, ist bekannt. Was die wenigsten wissen: In fast allen Räucher-harzen sind Phytosterole enthalten; in Kiefernharz zum Beispiel Testosteron und in der Myrrhe dem Testosteron ähnlich riechende Steroidalkohole. Seien es Orangen, Nelken, Anis, Zimt, Vanille, Kardamom, Bittermandel oder Kakao: «Mittels der chemischen Programmierbarkeit der Psyche über den Geruch bekommt man jeden Weihnachtsmuffel hinterm Ofen hervor», ist sich Rätsch sicher.


« Mittels der chemischen Programmierbarkeit der Psyche über den -Geruch bekommt man jeden Weihnachtsmuffel hinterm Ofen hervor  ». Christian Rätsch


Sünden, die glücklich machen

Von wegen Kakao: Gerade in der Adventszeit verdrücken wir Pralinen wie wild. Weshalb wir das tun? Rätsch liefert spannende Erkenntnisse: Der aus Mexiko stammende immergrüne Kakaobaum gehörte zu den schamanischen Weltenbäumen der Maya und wurde als Nahrung der Götter verehrt. In seinen Samen, den Kakaobohnen, enthalten sind das Alkaloid Theobromin, das eine koffeinähnliche Wirkung hat, sowie Phenethylamin (ein im menschlichen Gehirn vorhandener Neurotransmitter), das für Verliebtheitsgefühle sorgt. Zudem wurde im Kakao die ungesättigte Fettsäure Anandamid entdeckt – ein endogenes Analogon von Tetrahydrocannabinol (THC), das glückselige Zustände auslöst (ānanda ist Sanskrit und bedeutet vollkommene und höchste Glückseligkeit, Wonne, wahre und dauerhafte Freude, unbeeinträchtigte und absolute Seligkeit, die aus sich selbst existiert und nicht durch äussere Dinge bedingt ist). Kein Wunder, nehmen wir in der dunklen Jahreszeit ein paar Extrapfunde in Kauf und freuen uns über die Süssigkeiten, die der Samichlaus am 6. Dezember überbringt. Die Krux: Um gleichermassen benebelt zu werden wie von einem Joint, müsse man schätzungsweise 20 Kilogramm Schokolade vertilgen, meint Rätsch und betont: «Weihnachtszeit ist Rauschzeit!»


Unser Konsumverhalten an den Festtagen sprengt tatsächlich oft alle Grenzen. Seien es Glühwein, deftige Weihnachtsgerichte, üppige Desserts oder Weihnachtskekse – Kalorientabellen gibt es in dieser Zeit nicht. Und wer keine 20 Kilo Schokolade in sich reinstopfen will, trinkt für den Rausch wohl eher einen Fliegenpilz-Wodka oder ein Weihnachtsbier. Das taten die German mit Leidenschaft, und zwar am Juletrinken (Jule bedeutet im Norden Weihnachten). Das Julebier hatte es in sich: Dem alten nordischen Roggen-Gebräu wurden Hanf, Wermut (Grundlage des Absinth), Tannengrün, Sumpfporst und das halluzinogene Bilsenkraut beigemischt – eine berauschende Mischung, die Flügel verlieh.

Die germanische Festzeit wurde generell Biertage genannt und das friedliche Zusammensein mit dem Wort Bierfriede charakterisiert. Es wundert daher nicht, dass das Julebier den kürzesten Tag des Jahres erhellte, genauso wie die immergrünen Pflanzen, die bezirzenden Gewürze und die Räucherungen mit Wirkungen, die für das Fest der Liebe sprechen: Der echte Weihrauch vermag zwar den Teufel vertreiben, nicht aber die Lust. Während der Duft bei den einen unangenehme Erinnerungen hervorruft, löst er bei anderen erotische Gefühle, ja gar eine feurige Liebeslust aus.


 


«Santa» und die Fliegenpilze


Samichlaus, St. Nikolaus, Sinterklaas oder Weihnachtsmann – der Vorbote der Weihnachtszeit hat viele Namen. Was sie alle gemeinsam haben, sind ihre düsteren Gehilfen Schmutzli, Knecht Ruprecht oder Zwarte Piet. Der Weihnachtsmann, der als Einziger die ganze Welt erobert hat, ist Santa Claus. Auf einem Rentierschlitten fliegt er durch die Lüfte und wirft die Geschenke durch die Kamine.

«Santa» wurde 1931 von Harold Sundblom für «Coca Cola» in den USA geschaffen. Für Ethnowissenschaftler Christian Rätsch entpuppt sich der rot-weiss-gewandete Weihnachtsmann als verkappte Version von Odin, als heimlicher -Schamane und sogar als «anthropomorpher Fliegenpilz». Der Fliegenpilz ist die nordische Schamanendroge schlechthin und wird mitunter mit dem Soma der Rigveda, dem ältesten Teil der indischen Veden, assoziiert, einem Rauschtrank der Götter. Das Sanskritwort bedeutet auch «Nektar» und «Unsterblichkeitstrank».


Tatsächlich ist der Fliegenpilz keinesfalls so giftig, wie gemeinhin dargestellt. Er berauscht, kann glücklich und lüstern machen und die Wahrnehmung und das Bewusstsein verändern und so die Tore zu anderen Welten öffnen. Bis heute wird der Fliegenpilz traditionell angewandt, aber auch von Psychonauten geschätzt: Er soll luzide Träume schenken und das (geistige) Fliegen ermöglichen. Übrigens: Auch Rentiere berauschen sich häufig mit Fliegenpilzen, -deren Überreste sie sogar unter dem Schnee erschnuppern.


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Buchtipp

Christian Rätsch und Claudia Müller-Ebeling «Heidnische Weihnachten: Bräuche, Riten, Rituale» AT Verlag 2019, ca. Fr. 30.–

Kategorie: Gesundheit


Ein Hauch von Mystik umgibt so manche Musikinstrumente. Wir stellen drei vor, die der Seele Ausdruck verleihen. Ihre Töne und Schwingungen lösen meditative, teils sogar spirituelle Reaktionen aus.


Der Perkussionist Enrico Lenzin spielt unter anderem mit dem « Hang ».


Ich muss flattern. Die Lippen locker lassen und flattern. Das ist einfacher gesagt als getan. Beim Ansetzen des Mundstücks fällt es mir als Anfänger schwer, diese Flatterbewegungen der Lippen beizubehalten. Doch Petar Vrdoljak Hofer beruhigt mich. «Die meisten brauchen am Anfang mehrere Stunden, bis sie den Grundton auf dem Didgeridoo beherrschen», sagt der Musiker aus Winterthur. In seinem Studio im Untergeschoss seines Wohnhauses sitzt er auf dem Boden und bringt einige seiner -hölzernen Instrumente zum Klingen. Ein leicht gedrehtes Didgeridoo aus Fliederholz etwa. Eines aus Kirschholz. Und ein besonders grosses Didgeridoo aus Ahornholz. Mit ihm erzeugt Vrdoljak Hofer besonders viel Volumen – die Töne gehen durch Mark und Bein; vor allem die Bauchgegend kommt tüchtig ins Schwingen.


« Jeder Mensch erzeugt aufgrund seiner Anatomie eine bestimmte Klangfarbe. »

Seit 1992 beschäftigt er sich mit dem Didgeridoo. Das traditionelle Instrument der Aboriginies, der Ureinwohner Australiens, faszinierte ihn derart, dass er bis 2004 voll auf die Karte Musik setzte: Er war als Bandleader unterwegs, gab Unterricht und baute seine eigenen Instrumente. Nach einer Pause gibt er nun sein Wissen wieder an Interessierte weiter. Es sei relativ leicht, ein spieltechnisches Niveau zu erreichen, das es einem erlaube, nicht aus Noten oder dem Gedächtnis, sondern direkt aus der Inspiration heraus zu spielen, sagt er.







Petar Vrdoljak Hofer spielt seit 1992 - Didgeridoo. Dadurch fühle er sich geerdet. Auch kann das regelmässige Spielen des Instruments Asthma- und Schnarchsymptome lindern.







Die Seele ausdehnen

Ursprünglich verwendeten die Ureinwohner Australiens von Termiten ausgehöhlte Hölzer als Didgeridoos. Mittlerweile bearbeiten sie das Holz mit Eisenstangen und Stechbeuteln. Petar Vrdoljak hat sich die Baukunst dieses Instruments selber beigebracht. Seine Physikkenntnisse aus dem Elektrotechnik-Studium kamen ihm dabei zugute, wie er betont. Dabei setzt er auf einheimische Hölzer – von Eibe, Esche, Ahorn und Kirsche über Eiberesche, Quitte und Apfelbaum bis zu seltenen Exemplaren wie Buchs, Stechpalme oder Goldregen. «Jedes Holz und somit auch jedes Instrument hat einen besonderen Charakter und seinen eigenen Ton», erklärt Vrdoljak Hofer. Wenn er ein neues Didgeridoo baue, wisse er meist schon im Voraus, mit welchem Ton und Charakter es einst schwingen werde. Der Ton eines Didgeridoos sei aber nicht nur abhängig vom Holz, sondern auch von der Bauart: «Die Beschaffenheit des Luftkanals im Innern des Instruments bestimmt seinen Ton. Und mit der Spieltechnik lassen sich dem Instrument verschiedene Klangfarben entlocken.»


Nicht zu unterschätzen sei bei der Klangprägung auch der Erbauer selber. «Die Seele des Instrumentenbauers lebt im Didgeridoo», sagt Vrdoljak Hofer. Er spielt mit seiner Aussage auf die spirituelle Seite seiner Instrumente an: «Das Instrument ist die Verlängerung meiner Atmung, meiner Seele. Jeder Mensch erzeugt aufgrund seiner Anatomie eine bestimmte Klangfarbe. In diesem Sinne steht das Didgeridoo mir und meiner Seele sehr nahe.»

Der Atem spielt beim Didgeridoo eine zentrale Rolle. Auf der technischen Ebene entsteht der Grundton durch die Vibration der Lippen in Kombination mit der Atmung. Durch die Bewegung der Muskeln im Mund- und Kehlkopfbereich entstehen die unterschiedlichsten Klangfarben. Die sogenannte Zirkular-atmung ermöglicht es, auch beim Einatmen den Ton zu halten. Dieses bewusste Atmen hat laut Vdroljak Hofer unter anderem eine starke Entspannung, Erdung und eine Verbesserung von Asthma- und Schnarchsymptomen zur Folge.

Das mantraähnliche Spiel des Didgeridoos hat aber auch einen meditativen und spirituellen Effekt. Die tiefen Klangfrequenzen lösen ein starkes Kribbeln aus und können – ähnlich wie bei intensiven Meditationen – starke emotionale Erlebnisse hervorrufen. Weiter weist das Didgeridoo offenbar einige Berührungspunkte mit dem indischen Hatha-Yoga auf. «Das Didgeridoospiel steigert die Fähigkeit, das Atmen zu kontrollieren», erläutert Vdroljak Hofer. Dies sei eine weitere Erklärung dafür, weshalb das Instrument so leicht Meditationseffekte hervorruft und eine positive Wirkung auf die Psyche und den Körper habe. «Im Grunde hat jedes Instrument eine gewisse Spiritua-lität. Doch bei jenen, die durch ihre Beschaffenheit nahe der Natur und beim Menschen sind, ist der spirituelle Aspekt ausgeprägter.»


Vibrationen verändern Bewusstsein

Ein Klangerlebnis der besonderen Art ist es auch, neben einer rund einen Meter hohen, mit Hirschfell bezogenen Trommel zu liegen. Zuerst ertönt sie ganz leise. Dann immer kräftiger. Bis der Ton der Trommel den ganzen Körper durchdringt. Vor meinem inneren Auge schreitet der Hirsch kraftvoll und majestätisch durch den Wald. Der Rhythmus der Trommelschläge, die mir Rolf Bachmann heute Morgen schenkt, zeigt schnell Wirkung: Innert fünf Minuten komme ich in einen meditativen Zustand. «Die Vibrationen der Donnertrommel bewegen das Wasser im Körper», sagt Bachmann. «Die feinstoffliche Zellflüssigkeit erhält durch die sanften Schwingungen einen Anstoss und versucht, verhärtete oder verstockte Stellen aufzu-lockern.» Das Fell des Hirsches müsse man beim Trommeln zu Beginn ganz sanft berühren und die Intensität der Trommelschläge langsam steigern. Anders sei es bei der Trommel mit Steinbockfell: «Sobald man trommelt, steht der Steinbock da. Hört man auf, ist er schnell wieder verschwunden», schildert Bachmann seine Erfahrungen. Energetisch gesehen bewirke das sogenannte «Theta-Trommeln» aus der Tradition von Schamanen und Medizinmännern aller Kulturkreise eine radikale Veränderung von Bewusstseinszuständen. «Jeder einzelne Ton, der auf einer Trommel gespielt wird, hat unterschiedliche Frequenzen. Diese erreichen im Gehirn einen grösseren Bereich als ein einzelner Ton», erklärt Bachmann. Um die passende Trommel zu finden, sei es wichtig, darauf zu achten, dass der Ton das Gefühl und das Herz anspricht.

Nachdem er verschiedene schamanische Reisen unternommen hatte, begann der Winterthurer 1991 mit dem Bau von eigenen Trommeln. «Bei meinen Trommeln ist das Fell noch drauf, zwar kurz geschoren, doch so, dass die Individualität des Tiers noch sichtbar ist», erläutert Bachmann die Besonderheit seiner Instrumente. Weil er an Parkinson erkrankt ist, hat er sich mittlerweile aus dem Trommelbau zurückgezogen. Nun baut seine Assistentin, der er sein langjähriges Wissen anvertraut hat, Trommeln in seinem Geiste.


Hype um das «Hang»

Einen Hauch von Mystik umgibt auch das neuartige Instrument «Hang». Felix Rohner und Sabina Schärer von der Firma PANArt aus Bern haben es im Jahr 2000 erschaffen. Dies nachdem sie sich gemäss eigenen Angaben mit verschiedenen Instrumenten aus aller Welt beschäftigt hatten. Das Hang setzt sich aus zwei -Metallsphären zusammen: die eine mit einer Resonanzöffnung, die andere mit acht Dellen und einer Beule; dadurch lassen sich neun verschiedene Töne produzieren. Das gespannte und gestimmte Gefäss verfügt über eine Hohlraumresonanz von 155 Hertz. Sie kann in ihrer Tonhöhe verändert werden. Gespielt wird mit den Fingern, den Handballen, den Händen oder einer Mischung daraus – dies erklärt den Namen des Instruments: «Hang» ist Berndeutsch und bedeutet Hand.


Die enorme Nachfrage nach diesem Instrument hat den Markt auf den Plan gerufen: Unter dem Namen Handpan können allerlei Nachbildungen erworben werden. Die «missverstandene Rezeption des Hang als Blechtrommel» habe, so Felix Rohner, kritische Fragen provoziert. Ist das Hang nun ein Instrument für Perkussionisten? Oder für Klangästheten? Erzeugt das Spielen bloss einen lustvollen Kick? Oder sind es gar heilende Klänge, die dem Instrument entlockt werden?


Vor sechs Jahren stiess Enrico Lenzin, Perkussionist und Klangkünstler aus dem St. Galler Rheintal, auf dieses ungewöhnliche Instrument. «Das Hang ist das einzige Schlaginstrument, mit dem ich auch Tonfolgen spielen kann. Für mich als Schlagzeuger hat sich dadurch eine neue Welt aufgetan», schwärmt der Musiker. Den Klang vom Hang beschreibt er als erdig, bodenständig, ja sogar magisch. Dieser faszinierende Klang ziehe die Leute in den Bann, ist er überzeugt. Die Fingerfertigkeit als Schlagzeuger komme ihm beim Spielen des Hangs entgegen. Schwer zu spielen sei es indes nicht, meint Lenzin: «Man kann auf dem Hang im Grunde genommen keine falschen Töne spielen. Das, was man spielt, stimmt immer.» //


 

Didgeridoo-Hölzer und ihre Klangwirkung






Bei den Schamanentrommeln von Rolf Bachmann ist das Fell des Tieres noch sicht- und spürbar.









Ahorn hilft, loszulassen, zu spielen und sich dem Fluss der Kreativität hinzugeben.

Eiche hütet die innere Kraft des Feuers. Nährt Stamm, Familie und Gemeinschaft.

Buche zentriert und harmonisiert.

Stärkt den Willen, fördert die Konzentration und erfrischt Geist und Körper.

Birke erinnert ans Jungsein der Seele, an Unschuld, Tanzen und Fliegen.


Esche hilft, Schmerz zu überwinden, schenkt Mut zur Entwicklung.

Kastanie kann die Aura beleben und Blockaden auf sanfte Art lösen.


Nussbaum hilft, das Wesentliche zu -erkennen, entlarvt Täuschungen.

Quellen: Eva Rosenfelder, www.enertree.com


Links

www.sonnenzirkel.ch

www.schamanentrommeln.ch

www.panart.ch

www.enricolenzin.com


Fotos: fabrice müller

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