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Kategorie: Gesundheit


Das (be)rauschende Fest der Liebe naht und mit ihm christliche Bräuche und Rituale, die in heidnischen Traditionen wurzeln. Wie der Weihnachtsbaum in die Stube kam, weshalb Rentiere fliegen, Harze böse Geister vertreiben und wir wild auf Schokolade sind.




Schleichend hüllt sie das idyllische Bergdorf in ihr schwarzes Kleid: Die Dunkelheit, die im Winter herrscht und am 21. Dezember – dann ist Wintersonnenwende, die heidnische Neugeburt der Zeit – ihre längste Nacht feiert. Leise erklingt «Advent, Advent, ein Lichtlein brennt» und durchbricht die Stille der Nacht. Mit glänzenden Augen singen die Kinder vor dem zauberhaft geschmückten Weihnachtsbaum mitten auf dem Dorfplatz und läuten damit die Vorweihnachtszeit ein. Während der süsse Duft von Lebkuchen, gebrannten Mandeln und Glühwein in die Nase steigt und so manche Erinnerungen weckt, stimmen sie «O Tannenbaum» an. Das beliebte Volkslied lehrt, dass der Nadelbaum, der sich sein grünes Kleid auch von Väterchen Frost nicht ausziehen lässt, «Hoffnung und Beständigkeit, Trost und Kraft» spendet.


Gerade deshalb spielen immergrüne Pflanzen wie Tannen, Fichten, Stechpalmen, Vogelbeeren, Misteln oder Efeu aber auch der Fliegenpilz, exotische Weihnachtsgewürze und -düfte sowie Räucherstoffe seit Urzeiten eine wesentliche Rolle an Weihnachten. Es sei das «international erfolgreichste Massenritual, das ethnische, religiöse, kulturelle und politische Grenzen überschreitet», wie der bekannte Ethnowissenschaftler Christian Rätsch schreibt. Historisch betrachtet habe das Weihnachtsfest seinen Ursprung in der vorchristlich-heidnischen Zeit. Weihnachten sei das Fest der Geburt des Erlösers Jesus Christus, der Wiedergeburt der Sonne, der Raunächte (siehe Spalte), des Jahreswechsels und der Götter und Geister.


Der Siegeszug des Christbaums

Der Weihnachtsbaum, das Wintergrün, Harze und Fliegenpilze sind Mittelpunkt vieler moderner Bräuche und Riten, deren Hintergründe die wenigsten Menschen kennen. Bäume zum Beispiel stellen die Verbindung zwischen Himmel und Erde dar. Sie sind Schutzbäume, Lebensbäume, Stammbäume und Weltenbäume wie die Esche Yggdrasil aus der nordischen Mythologie. Auch der Tannenbaum, dessen Zweige böse Geister vertreiben sollen, hat eine symbolische Bedeutung als Welten- und Lebensbaum. Heilige Bäume galt es zu verehren. Sie wahllos zu fällen, bringt in schamanischen Kulturen Krankheit oder Tod. Erlaubt ist, das Holz für rituelle Zwecke zu verwenden.


Lange Zeit war der Brauch, Tannen- und Fichtenzweige oder ganze Bäume ins Haus zu bringen, als heidnisch verpönt und von der Kirche verboten. Nachdem mit dem Fällen der mystisch-germanischen «Donareiche» die geistige Kultur der Chatten (die heidnisch-germanischen Vorfahren der Hessen) zerstört wurde, kam der Kirchenvater Augustin (354–430) zur Erkenntnis: «Man rotte die Heiden nicht aus, man bekehre sie; man fälle die heiligen Bäume nicht, man weihe sie Jesus Christus.» Und so wurde es umgesetzt.


Der Brauch, vom 24. Dezember bis zum Dreikönigstag einen Baum ins Wohnzimmer zu holen und zu schmücken, ist laut Rätsch eine deutsche Erfindung, deren frühestes Zeugnis aus dem Jahr 1419 stammen soll. Andere betiteln den Strassburger Baum von 1605 als ersten geschmückten Tannenbaum der Welt, der sich auf der ganzen Welt etabliert habe: 1799 kam er nach Zürich, 1912 erreichte er New York.



 

Die Raunächte


Die Raunächte (auch Rauchnächte) erleben ein -Revival: Im Gegensatz zur hektischen Vor-weihnachtszeit, finden immer mehr Mensch in den elf heiligen Tagen und zwölf Nächten -zwischen dem 24. und dem 6. Januar Zeit, um zu Räuchern (daher Rauchnächte), zu meditieren und dabei in sich zu kehren.


Nach alten Überlieferungen spuken die Geister in dieser Zeit besonders heftig. Zudem braust die Wilde Jagd (auch „Odins Jagd“) auf der Suche nach der Sonne durch die Wolken, wobei die Geisterwesen den Kampf zwischen Licht und Finsternis entscheiden. Damals wie auch heute stellen die Raunächte-Räucherungen den Kontakt zu den Göttern und Göttinnen der Anderswelt her und weisen der Wilden Jagd ihren Weg, speisen die -Ahnen und Totenseelen, halten Dämonen und -negative Schamanen (Hexen, Zauberer) fern.


Die sogenannten Apotropäa (Zaubermittel, die Unheil abwehren sollen) zählen zu den wichtigen Räucherstoffen. Dazu gehören Beifuss, Weihrauch, Hanfblüten, der Fliegenpilz, Rosmarin, -Wacholder, Quendel, Fichten- und Eibennadeln sowie Kiefern- und Tannenharz.


 

Schutz vor Krankheiten und Hexen

Weitaus weniger bekannt und dennoch ein wichtiger Bestandteil der Weihnachtsbotanik ist der immergrüne Wacholder. Seine Zweige dienen nicht nur als Wintergrün oder als «Lebensrute», mit der man die Vitalität der Pflanze auf den Menschen überträgt. Die Zweigspitzen, die Beeren und das Harz sind ein Räucherwerk, das im Mittelalter als «falscher Weihrauch» bei ansteckenden Krankheiten zum Einsatz kam. Um die Räume zu desinfizieren, wurden in der Schweiz bis in die Neuzeit hinein Schulräume und Krankenhäuser mit Wacholder ausgeräuchert. Der nette Nebeneffekt: Wacholderrauch schützt besonders gut vor bösen Geistern, Hexen, Kobolden, Druden (Wesen, die sich nachts auf Schlafende legen) und sogar vor dem Teufel höchstpersönlich!


Räucherrituale dienen jedoch nicht nur zur Reinigung und zum Schutz vor dunklen Wesen, sondern auch zur Bewusstseinsbildung. Und: Gerüche regen die Stimmung an, lösen Gefühle aus, steuern unser Sexualverhalten und wecken verborgene oder längst vergessene Erinnerungen. «Deshalb werden Rituale in allen Kulturen mit besonderen Gerüchen markiert», erklärt Rätsch.



Das Weihnachts-Ritual ist voller Gerüche – ein «wahrer Hagel von Pheromonen». Dass Vanille, Zimt und Kardamom aphrodisierend wirken, ist bekannt. Was die wenigsten wissen: In fast allen Räucher-harzen sind Phytosterole enthalten; in Kiefernharz zum Beispiel Testosteron und in der Myrrhe dem Testosteron ähnlich riechende Steroidalkohole. Seien es Orangen, Nelken, Anis, Zimt, Vanille, Kardamom, Bittermandel oder Kakao: «Mittels der chemischen Programmierbarkeit der Psyche über den Geruch bekommt man jeden Weihnachtsmuffel hinterm Ofen hervor», ist sich Rätsch sicher.


« Mittels der chemischen Programmierbarkeit der Psyche über den -Geruch bekommt man jeden Weihnachtsmuffel hinterm Ofen hervor  ». Christian Rätsch


Sünden, die glücklich machen

Von wegen Kakao: Gerade in der Adventszeit verdrücken wir Pralinen wie wild. Weshalb wir das tun? Rätsch liefert spannende Erkenntnisse: Der aus Mexiko stammende immergrüne Kakaobaum gehörte zu den schamanischen Weltenbäumen der Maya und wurde als Nahrung der Götter verehrt. In seinen Samen, den Kakaobohnen, enthalten sind das Alkaloid Theobromin, das eine koffeinähnliche Wirkung hat, sowie Phenethylamin (ein im menschlichen Gehirn vorhandener Neurotransmitter), das für Verliebtheitsgefühle sorgt. Zudem wurde im Kakao die ungesättigte Fettsäure Anandamid entdeckt – ein endogenes Analogon von Tetrahydrocannabinol (THC), das glückselige Zustände auslöst (ānanda ist Sanskrit und bedeutet vollkommene und höchste Glückseligkeit, Wonne, wahre und dauerhafte Freude, unbeeinträchtigte und absolute Seligkeit, die aus sich selbst existiert und nicht durch äussere Dinge bedingt ist). Kein Wunder, nehmen wir in der dunklen Jahreszeit ein paar Extrapfunde in Kauf und freuen uns über die Süssigkeiten, die der Samichlaus am 6. Dezember überbringt. Die Krux: Um gleichermassen benebelt zu werden wie von einem Joint, müsse man schätzungsweise 20 Kilogramm Schokolade vertilgen, meint Rätsch und betont: «Weihnachtszeit ist Rauschzeit!»


Unser Konsumverhalten an den Festtagen sprengt tatsächlich oft alle Grenzen. Seien es Glühwein, deftige Weihnachtsgerichte, üppige Desserts oder Weihnachtskekse – Kalorientabellen gibt es in dieser Zeit nicht. Und wer keine 20 Kilo Schokolade in sich reinstopfen will, trinkt für den Rausch wohl eher einen Fliegenpilz-Wodka oder ein Weihnachtsbier. Das taten die German mit Leidenschaft, und zwar am Juletrinken (Jule bedeutet im Norden Weihnachten). Das Julebier hatte es in sich: Dem alten nordischen Roggen-Gebräu wurden Hanf, Wermut (Grundlage des Absinth), Tannengrün, Sumpfporst und das halluzinogene Bilsenkraut beigemischt – eine berauschende Mischung, die Flügel verlieh.

Die germanische Festzeit wurde generell Biertage genannt und das friedliche Zusammensein mit dem Wort Bierfriede charakterisiert. Es wundert daher nicht, dass das Julebier den kürzesten Tag des Jahres erhellte, genauso wie die immergrünen Pflanzen, die bezirzenden Gewürze und die Räucherungen mit Wirkungen, die für das Fest der Liebe sprechen: Der echte Weihrauch vermag zwar den Teufel vertreiben, nicht aber die Lust. Während der Duft bei den einen unangenehme Erinnerungen hervorruft, löst er bei anderen erotische Gefühle, ja gar eine feurige Liebeslust aus.


 


«Santa» und die Fliegenpilze


Samichlaus, St. Nikolaus, Sinterklaas oder Weihnachtsmann – der Vorbote der Weihnachtszeit hat viele Namen. Was sie alle gemeinsam haben, sind ihre düsteren Gehilfen Schmutzli, Knecht Ruprecht oder Zwarte Piet. Der Weihnachtsmann, der als Einziger die ganze Welt erobert hat, ist Santa Claus. Auf einem Rentierschlitten fliegt er durch die Lüfte und wirft die Geschenke durch die Kamine.

«Santa» wurde 1931 von Harold Sundblom für «Coca Cola» in den USA geschaffen. Für Ethnowissenschaftler Christian Rätsch entpuppt sich der rot-weiss-gewandete Weihnachtsmann als verkappte Version von Odin, als heimlicher -Schamane und sogar als «anthropomorpher Fliegenpilz». Der Fliegenpilz ist die nordische Schamanendroge schlechthin und wird mitunter mit dem Soma der Rigveda, dem ältesten Teil der indischen Veden, assoziiert, einem Rauschtrank der Götter. Das Sanskritwort bedeutet auch «Nektar» und «Unsterblichkeitstrank».


Tatsächlich ist der Fliegenpilz keinesfalls so giftig, wie gemeinhin dargestellt. Er berauscht, kann glücklich und lüstern machen und die Wahrnehmung und das Bewusstsein verändern und so die Tore zu anderen Welten öffnen. Bis heute wird der Fliegenpilz traditionell angewandt, aber auch von Psychonauten geschätzt: Er soll luzide Träume schenken und das (geistige) Fliegen ermöglichen. Übrigens: Auch Rentiere berauschen sich häufig mit Fliegenpilzen, -deren Überreste sie sogar unter dem Schnee erschnuppern.


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Buchtipp

Christian Rätsch und Claudia Müller-Ebeling «Heidnische Weihnachten: Bräuche, Riten, Rituale» AT Verlag 2019, ca. Fr. 30.–

Kategorie: Essen


Einen Kirsch zum Fondue, ein Pflümli nach einem üppigen Mahl - der Schnaps gehört zur Adventszeit wie das Weihnachtsguetzli. Ein hausgemachter Eierkirsch kann ein willkommenes Weihnachtsgeschenk für sich selbst oder für die Liebsten sein.




Eierkirsch


Ergibt etwa 5 dl


2 Eigelb von möglichst frischen Eiern

1 Teelöffel Vanillepaste oder 1/4 Teelöffel Vanillepulver

100 g Kondensmilch

1,5 dl Milch

1,5 dl Kirsch


Haltbarkeit


Diese weniger alkoholhaltige Variante des Eierkirsches hält sich im Kühlschrank etwa 4 Wochen.


Zubereitung


1. In einer Metallschüssel die Eigelbe mit der Vanillepaste oder dem Vanillepulver, der

Kondensmilch und der Milch verrühren.


2. Eine Flasche von 5 dl Inhalt gründlich und heiss reinigen. Wer einen Steamer besitzt, kann

die Flasche zusätzlich etwa 10 Minuten im Dampf erhitzen.


3. Die Eimasse über dem leicht siedenden Wasserbad zu einer luftigen Creme aufschlagen, bis sie

leicht bindet. Den Kirsch beifügen und gut verrühren. Den Eierkirsch in die saubere Flasche füllen

und sofort verschliessen. Mindestens 1 Woche im Kühlschrank ruhen lassen. Vor dem Genuss den

Eierkirsch kräftig schütteln.


Gewusst


Die schweizerische Variante des Eierlikörs wird nicht mit Cognac, sondern mit dem für die Schweiz typischen Kirsch verfeinert.




Rezept und Foto aus Annemarie Wildeisen’s «Kochen»

Kategorie: Gesundheit


Mit Weihrauch verduftet der Vorweihnachtsstress. Das Harz des Weihrauchbaums setzt aber nicht nur ein entspannendes Aroma frei. Es ist ein potentes Mittel gegen viele Leiden.




Im volkstümlichen Sprachgebrauch wird die Bezeichnung Weihrauch ( = heiliger Rauch, der zur Weihung eingesetzt wird) vereinzelt auch heute noch als Sammelbezeichnung für alle geläufigen Räucherharze verwendet. Tatsächlich bezieht sie sich jedoch ausschliesslich auf das gehärtete Gummiharz der in Arabien, Afrika und Indien heimischen, bis zu sechs Meter hohen Boswellia-Bäume (Weihrauchbäume). Deren vielfältige Heilwirkungen stehen schon seit Längerem im Fokus medizinischer und pharmakologischer Forschungsarbeiten. Jahrtausendealtes Erfahrungswissen lässt sich somit inzwischen auch vonseiten der Wissenschaft erschliessen.


Doch wagen wir zuerst einen Blick in die Vergangenheit. Die kulturhistorische Relevanz des Weihrauchharzes gestaltet sich derart vielschichtig, dass sie heute kaum mehr zur Gänze nachvollzogen werden kann; schliesslich hat dieses Baumharz sowohl in ökonomischer, sozialer, soziokultureller als auch in spiritueller Hinsicht ganze Zeitepochen und Kulturen geprägt. Bereits vor über 4000 Jahren importierten die alten Ägypter grosse Mengen Weihrauch (und andere Schätze wie Ebenholz, Elfenbein, Gold, Myrrhe, Salz, Zedernholz u. v. m.) aus dem sagenumwobenen «Goldland» Punt. Legendär ist in diesem Zusammenhang jene Expedition, die von der einstigen Pharaonin Hatschepsut (Regierungszeit: 1479 bis 1458 v. Chr.) in Auftrag gegeben wurde und deren Verlauf man damals auf einem Relief an ihrem Totentempel verewigte.


Von antibakteriell bis tumorhemmend

Damals war dieses Baumharz derart wertvoll gewesen, dass es mit Gold aufgewogen wurde. Sicherlich auch deshalb, weil es neben seiner Verwendung als sakraler Räucherstoff über eine ganze Vielzahl an heilsamen und wohltuenden Eigenschaften verfügt, die zu einem grossen Teil auch schon bei den alten Hochkulturen bekannt waren.


Chemisch betrachtet handelt es sich beim Weihrauch um ein komplex zusammengesetztes Stoffgemisch, bestehend aus 30 bis 60  % alkhohollöslichen Harzen, 20 bis 25  % wasserlöslichen Gummen (Polysaccharide) und 5 bis 10  % ätherischem Öl. Die für medizinische Zwecke bedeutsamen Boswelliasäuren (z.   B. 3-O-Acetyl-11-keto-Boswelliasäure) befinden sich mit Gehältern von bis zu 50  % (ca. 25  % des Gesamtvolumens) im Harzanteil des Weihrauchs. Ihre pharmakologische Qualität besteht darin, dass sie vereinfacht erklärt das Enzym 5-Lipoxigenase hemmen und auf diese Weise eine Bildung der entzündungsfördernd wirkenden Leukotrien reduzieren. Daneben wurden für die Boswelliasäuren antibakterielle, antitumorale, cholesterinsenkende, immunmodulierende und schmerzlindernde Eigenschaften bestätigt. Die höchsten Konzentrationen der wertvollen Verbindungen wurden im rohen Naturharz sowie in bestimmten Lösungsmittel-Extrakten nachgewiesen. Dies erklärt auch die Beliebtheit der Weihrauchkapseln, da in ihnen das pulverisierte Rohharz und damit auch das volle Spektrum an heilsamen, in synergistischer Interaktion wirkenden Inhaltsstoffen enthalten ist.


 

Kurze Ethnobotanik ausgewählter Weihrauch-Sorten


Boswellia frereana


Maidi- oder Königsweihrauch von der somalischen Art Boswellia frereana lässt sich dadurch erkennen, dass er aufgrund seines geringen Gummi-anteils auf Kohle oder einem Weihrauchbrenner vollständig schmilzt. Der sich verbreitende Räucherduft ist in seiner Vielfältigkeit absolut einzigartig. Duftbestimmend ist zwar eine deutliche Frucht- bzw. Orangennote; daneben offenbaren sich aber auch zahlreiche andere feine Nuancen. Wirkspezifisch zeichnet sich geräucherter Maidi-Weihrauch, der abhängig von seiner Grösse in verschiedenen Qualitäten erhältlich ist, in erster Linie durch geistöffnende und emo-tional wärmende Eigenschaften aus. Er eignet sich daher besonders gut für Meditationen und andere Bewusstseinsrituale. Ethnomedizinisch ist Königsweihrauch zur Linderung von Arthritis, Hautentzündungen, Infektionskrankheiten und Verdauungsbeschwerden bekannt. Kleine Stücke sind zudem eine gute Alternative zu Kaugummi: Maidi-Weihrauch schmeckt nicht nur gut, er erfrischt auch den Atem und kann sogar bei Mundinfektionen helfen.


Boswellia papyrifera


Boswellia papyrifera stammt aus den kargen Landschaften des äthio-pischen Hochlands. Das gelbe bis orange Harz dieser Spezies ist der am häufigsten gehandelte Weihrauch überhaupt. In Äthiopien ist diese Sorte allgegenwärtig. Sie wird dort besonders gerne geräuchert, wenn auf rituelle Weise das Kaffeetrinken zelebriert wird. Aber auch, um unangenehme Gerüche zu übertünchen oder um nächtlich umherstreifende Geistwesen zu vertreiben. In der äthiopischen Ethnomedizin ist der aufsteigende Rauch von Boswellia papyrifera als Fiebermittel bekannt.


Boswellia sacra


Der aus dem omanischen Dhofar-Gebirge stammende Weihrauch der Spezies Boswellia sacra gilt als ausgesprochen rein und wird in insgesamt fünf Qualitätsstufen klassifiziert. In der arabischen Medizin werden die aromatischen Harztränen bevorzugt als Kaumittel oder als Weihrauchwasser angewendet. Sie werden aber geräuchert sowie in pulverisierter Form äusserlich zur Anwendung gebracht.


Traditionelle Indikationen sind Asthma, Bronchitis, Gelenkschmerzen, Hautkrankheiten, Mundgeruch, Knochenbrüche, Verdauungsbeschwerden, Vergiftungen und Wunden. -Zudem ist dieser Weihrauch ein wichtiges Kosmetikprodukt in der weiblichen Schönheitspflege. Der beim Räuchern aufsteigende Rauch ist eines der wichtigsten traditionellen Parfums, wozu das Räuchergefäss für einige Zeit unter den traditionellen Gewändern platziert wird. In Arabien ist das Harz darüber hinaus von einer grossen kultischen Bedeutung geprägt: Als Zeichen der Gastfreundschaft ist es beispielsweise üblich, dass der Gastgeber beim Empfang das duftende Räuchergefäss mehrmals um die Körper seiner Gäste führt.


Boswellia serrata


Boswellia serrata gedeiht in den Trockengebieten Indiens und liefert den derzeitig am intensivsten erforschten Weihrauch. Das Serrata-Harz ist der einzige Weihrauch, der als Heilmittel auch in den europäischen Arzneibüchern aufgeführt wird. In der ayurvedischen Schrift Bhavapraksha und in anderen traditionellen Medizintexten wird «indischer Weihrauch» seit Jahrhunderten als vielseitig einsetzbares Heilmittel beschrieben.


Sein Indikationsspektrum deckt verschiedenste Leiden ab, etwa Arthritis, Blutungen, Durchfall, Dysenterie, Fieber, Gelbsucht, Geschwüre, Harnwegsbeschwerden, Hautleiden, Hodenentzündungen, Husten, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Erkrankungen, ausbleibende Menstruation, Leberkrankheiten, Lungenprobleme, Rheuma, Syphilis, Wunden und Zahnschmerzen.


Im Ayurveda wird es zum Ausgleich aller drei Doshas (Vata, Pitta und Kapha) verwendet. Die medizinisch relevante Wirkung wird als antiarthritisch, antiseptisch, beruhigend, blutdrucksenkend, entzündungshemmend, menstruationsanregend und schmerzlindernd beschrieben.


 


Die geistbewegende Wirkung

Im Grunde genommen zeigen zwar alle Räucherstoffe eine gewisse geistbewegende Wirkung. Bei den Weihrauchharzen wird eine solche aber auffallend häufig beschrieben; besonders von Messdienern und Kirchenbesuchern, die den dichten, aus dem Weihrauchschwenker aufsteigenden Rauch mehr oder weniger freiwillig inhalieren.



Die Pharmakologie der Weihrauch-Psychoaktivität beruht nach aktuellem Forschungsstand sehr wahrscheinlich auf den Substanzen Incensol und Incensol-Acetat. Diese Stoffe können den Ionenkanal TRPV3 im Gehirn aktivieren, wodurch sie nicht nur ein warmes Körperempfinden herbeiführen, sondern auch auf der psychischen Ebene aktiv wirksam sind. Das Wirkspektrum umfasst angstlindernde, antidepressive sowie beruhigende Eigenschaften.


Grundsätzlich gilt, dass sich der besondere Duftakkord des Weihrauchs am besten und zuverlässigsten auf einem Weihrauchbrenner oder einem Stövchen mit Räuchersieb offenbart. Diese Utensilien ermöglichen ein sanftes Erhitzen, ohne dass das Harz dabei verbrennt. Hingegen wird für Reinigungsrituale, aufgrund der stärkeren Rauchentwicklung, bevorzugt Räucherkohle als Hitzequelle verwendet. Das sich verbreitende Räucheraroma ist erfrischend, würzig und sortenabhängig mit zahlreichen feinen Duftnuancen gespickt.


Das Räucherverhalten gestaltet sich je nach Sorte und der jeweilig vorliegenden Harz-Öl-Gummi-Verhältnisse sehr variabel: Maidi-Weihrauch beispielsweise schmilzt und verflüssigt sich beim Erhitzen. Andere Sorten haben diese Eigenschaft nicht und riechen auf Räucherkohle spätestens dann verbrannt, wenn alle flüchtigen Aromastoffe verdampft sind und der übrig gebliebene Gummianteil schon schwarz geworden ist. Dann werden die kleinen Stückchen mit einem Räucherlöffel einmal gewendet, bevor man sie schliesslich von der Kohle nimmt.


Räucherungen mit Weihrauch eignen sich für zahlreiche rituelle Angelegenheiten. Besonders beliebt sind sie traditionell im Rahmen von Feierlichkeiten, Gebeten, Meditationen, Reinigungen, Segnungen und Übergangsritualen. Sie können aber auch schlicht für Entspannungszwecke eingesetzt werden – für eine sinnliche Auszeit im Alltag



WEIHRAUCH | Das Gummiharz der Weihrauchbäume wird seit Jahrtausenden zu spirituellen und medizinischen Zwecken genutzt.

 

Eigenschaften und Anwendungen


Hauptsächlich wirken die Harze der Weihrauchbäume entzündungshemmend, schmerzlindernd, beruhigend, leberschützend und anti-mikrobiell. Therapien mit Weihrauch (als Rauch oder Harz, in Tablettenform, als Tinktur und ätherisches Öl, in Kapseln oder Tropfen) kommen besonders bei folgenden Indikationen zum Einsatz: Arthritis und Rheuma, Augeninfektionen, ausbleibende Menstruation, Depressionen und Angstzustände, Erkältung (Husten, Schnupfen), Hauterkrankungen (Akne, Ekzeme, Entzündungen, Geschwüre), In-sekten-Abwehr, Konzentrations- und Erinnerungsschwierigkeiten, Kopfschmerzen, Magen-Darm-Erkrankungen (Durchfall, Magenschmerzen), Mundgeruch und Mundinfektionen, Wunden.


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